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Donnerstag, 7. August 2014

Die Anlandung der Tausend in Pozzallo

Gestern um 8.30 Uhr hat die Ausschiffung von 957 Flüchtlingen im Hafen von Pozzallo (Region von Ragusa) begonnen. Es wurden 617 Männer, 158 Frauen, von denen einige schwanger sind, und 182 Kinder gezählt. Darunter befanden sich auch viele Neugeborene (eins ist erst 15 Tage alt!), welche sofort mit den Müttern in die Krankenhäuser von Modica und Ragusa gebracht worden sind.
Wir kommen gegen 13 Uhr im Hafen an, die Krankenwagen des Roten Kreuzes sind in der Nähe des Erste Hilfe Zelts und des Anlaufpunkts des Zivilschutzes geparkt, welcher damit beschäftigt ist, die an Land gekommen und teilweise schwer dehydratisierten Migranten mit Broten und Wasser zu versorgen. Die Migranten werden auf mehrere Busse verteilt, die langsam davonfahren. Die freiwilligen Mitarbeiter des Roten Kreuzes können uns nicht sagen, welches das genaue Ziel der Busse ist, aber durch eine Mitarbeiterin des CPSA aus Pozzallo erfahren wir, dass das der erste Punkt sein wird, von dem die jungen Leute dann auf andere Zentren in den sizilianischen Provinzen aufgeteilt werden, u. a. das von Comiso.
Der Fregatten Kapitän des Schiffs „Dattilo“, Salvatore Scimone, berichtet uns, dass die an Land gebrachten Migranten hauptsächlich aus Syrien stammen, teilweise aber auch aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara (Gambia, Mali, Senegal und Nigeria), aus den Maghreb-Staaten Tunesien und Ägypten. Es gibt Gerüchte, dass sich unter den Passagieren auch Palästinenser und Iraker befunden hätten, aber der Kapitän erwähnt sie nicht. Er erzählt auch, dass die Rettung von fünf recht stabilen, aber stark überfüllten Booten auf offener See vor der libyschen Küste stattgefunden hat, durchgeführt zusammen mit anderen Einheiten der Marine. Er sagt: „Heute finden überall Ausschiffungen statt, in Catania, Augusta, Brindisi, Taranto und Reggio Calabria.“

Wir verlassen den Hafen, während ungefähr weitere zweihundert Leute die Landungsbrücke entlanglaufen. Sie lächeln und sagen „Ciao Italia!“. Wir begeben uns zum CPSA in Pozzallo, wenige Meter vom Hafen entfernt. 
Die Hilfe ist im vollen Gang, vom Tor aus sieht man syrische Familien auf dem Bürgersteig sitzen und eine Gruppe nordafrikanischer Männer, die bereit sind, in einen Bus zu steigen; wir versuchen herauszufinden wo der Bus hinfahren wird, aber der Busfahrer und die Polizeikräfte verweigern uns jegliche Auskunft darüber. Im Gespräch mit einer vor Ort anwesenden französischen Journalistin nehmen wir eine Verlegung nach Comiso an. Dorthin wurden schon viele Ägypter hingebracht, um dann per Flugzeug zurück nach Kairo abgeschoben zu werden. Auch heute wurden einige Migranten von den anderen getrennt und mit Bussen von Pozzallo weggefahren. Die Nachricht überrascht uns leider nicht, da die Abschiebung, legitimiert durch die Rückübernahmeabkommen mit Ägypten, im vergangenen Zeitraum sehr oft vorgekommen ist, fast als wäre es eine Lösung für die überfüllten Zentren.

Beatrice Gornati e Lucia Borghi
Borderline Sicilia Onlus

Aus dem Italienischen von Linde Nadiani