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Freitag, 20. Juni 2014

Internationaler Flüchtlingstag: „Aufnahme nicht nur im Süden“

Die Feierlichkeiten zum Internationalen Flüchtlingstag, dem 20. Juni, finden in diesem Jahr zu einer besonderen Zeit für unser Land statt: 50.000 Menschen sind vom 1. Januar bis heute an den Küsten Siziliens an Land gegangen. Die Operation Mare Nostrum hat Flüchtlinge aus vielen Ländern der Welt und von unterschiedlichen Kontinenten im Mittelmeer aufgegriffen und bis zu den Häfen gebracht.

Die Häfen und Städte Siziliens haben Italien zur Aufnahme der Flüchtlinge angehalten, die in Italien und Europa ankommen. 50.000 Menschen und Familien ließen - trotz verhaltener und überschaubarer Zahlen für ein Land mit 8.000 Kommunen und 60 Millionen Einwohnern - den Mangel eines geregelten nationalen Aufnahmesystems für Menschen Familien, und nicht begleitete Minderjährige zutage treten. Ebenso zeigte sich das Fehlen gemeinsamer Richtlinien für den Ablauf der Eingliederung der Flüchtlinge mithilfe der dazugehörigen finanziellen Mittel.

Die Stiftung Migrantes erklärt: “Ein solches System sollte einen nationalen Tisch sowie regionale Tische des Einvernehmens vorsehen (an denen Freiwilligenorganisationen sowie kirchliche Träger teilnehmen…) sowie 50.000 Plätze für eine schnelle Aufnahme (10-15 Tage) der Asylbewerber, und diese nicht nur im Süden, sondern in allen 20 Regionen Italiens. Außerdem sollte eine zweite Aufnahme in einem erneuerten SPRAR (System zum Schutze von Asylbewerbern und Flüchtlingen) geregelt sein, die 20.000 bis 50.000 Plätze bereitstellen kann. Dabei wird bei der Verteilung die freiwillige Auswahl der lokalen Träger überbrückt, stattdessen werden allen Regionen Plätze zugeteilt, je nach Bevölkerung, dem BIP sowie dem Einkommen (ISEE).

Ein solches System würde zu einer Überwindung der Improvisation und der Ermessensfreiheit bei den Vorgängen der Asylbewerbung führen, die zurzeit besteht und die eine Aufspaltung des Weges der Ankommenden in parallele Systeme bedeutet (einige kommen ins CARA (für Asylsuchende) und in die außerordentlichen Aufnahme-Zentren (CAS) oder werden bei Ausschiffung aufgenommen, einige in landen in einem SPRAR, einige andere nirgendwo). 

Auch gibt es keine Gewissheit im Hinblick drauf, wann der Antrag in der Territorialkommission berücksichtigt wird (manchmal behelfsmäßig), je nach dem, ob die Asylbewerber in ein SPRAR eingegliedert sind, ob sie einen Wohnsitz haben, ob sie Probleme bei der Verlängerung der Krankenversichertenkarte und der Aufenthaltserlaubnis haben, ob sie nach der Anerkennung durch die Kommission in ein FER-Projekt oder ein anderes aufgenommen werden oder ob sie in einem besetzten Haus oder inmitten der Straße landen würden (Schwarzarbeit, Ausbeutung durch Arbeit und Asylsuchende als Opfer von Vereinigungen des Menschenhandels etc…).

Wenn Italien schließlich ein Asylsystem hat - eines, das wir weder 1954 geschaffen haben, als wir die Genfer Konvention unterschrieben haben, noch mit dem Inkrafttreten der Dublin-Verordnung von 2002 geregelt haben; wir wurden von Europa gezwungen, das SPRAR-System zu schaffen, das jedoch immer mit Unterbesetzung zu kämpfen hat und im Hinblick auf die tatsächlichen Bedürfnisse zu knapp gefasst ist - werden wir in der Lage sein, damit zu beginnen, Europa um eine Überwindung der Dublin-Verordnung zu bitten, sodass die Raten für jedes Land aufgrund von objektiven Kriterien stabilisiert werden.

Die dramatische Situation der Asylbewerber und Flüchtlinge, die in Italien leben, fordert in Europa eine größere Mithilfe bei den Rettungsoperationen im Meer, die mit Mare Nostrum vorangetrieben worden ist, doch dies reicht nicht aus. Es ist außerdem vonnöten, dass Italien den Programmen des Resettlements zustimmt sowie der europäischen Politik, um die humanitären Kanäle zu öffnen und um die Menschen und Familien, die aus ihrem Land fliehen müssen, nicht in der Hand von Menschenhändlern zurückzulassen.

Migrantes formuliert an diesem internationalen Flüchtlingstag den Wunsch, dass 2014 das Jahr für Italien sein sollte, das den Übergang von einer Situation des Schutzes in Ermessensfreiheit zu einem einzigen, vorprogrammierten und einheitlichen System ermöglicht. Dieses sollte dabei helfen, Ängste und Ungewissheit zu überwinden und neue Impulse für die Wiederherstellung des internationalen Schutzes geben. Das Wachstum und die Entwicklung unseres Landes ergeben sich auch aus dem Wachstum und der Entwicklung von Systemen und gemeinsamen Schutzprogrammen und der Wertschätzung von Migranten.

Aus dem Italienischen von Sophie Muerman