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Sonntag, 3. November 2013

Lampedusa: Das verzweifelte Warten der Überlebenden

l'Unita/Flore Murard-Yovanovitch – Heute ist ein Monat seit dem tragischen Schiffbruch von Lampedusa am vergangenen 3.Oktober, wenige Meter vor der Küste der Mittelmeerinsel, vergangen. Die Gemeinde will in Zusammenarbeit mit Legambiente und unter Einbeziehung aller am Rettungsnetz Beteiligten der Opfer mit einer laizistischen und bürgerlichen Feier gedenken.


Innerhalb des Naturreservates Insel Lampedusa werden 366 kleine Pflanzen gesetzt und ebenso viele Lichter angezündet werden, begleitet von den Schlägen der Schiffsglocke, während das Kollektiv Askavusa einen umgestürzten Baum arrangieren wird, mit der Krone nach unten und den Wurzeln in der Luft. Es werden auch einige der 108 überlebenden Eritreer (nach einer Verlegung von ungefähr vierzig Minderjährigen in sizilianische Lager) anwesend sein, noch immer eingesperrt in das Lager zur ersten Aufnahme von Contrada Imbriacola.

Die hinterbliebenen Flüchtlinge sind, nach verschiedenen Anträgen zur Verlegung auf das Festland, die sie an die Immigrationsbehörde und die Ordnungskräfte gestellt haben und die unerhört blieben, noch immer in Erwartung. Zurückbehaltene. Noch schlimmer: Ihnen wurde nicht erlaubt an den Begräbnisfeierlichkeiten für ihre Lieben am 21. Oktober in Agrigent teilzunehmen. Seit einem Monat streifen sie tagsüber durch die Straßen des Ortes und ihre Nächte sind durchwacht und alptraumhaft. Eine Trauer, die endlos scheint, nahe den Wellen, die das Trauma in Erinnerung rufen. Einstweilen haben die Flüchtlinge noch gar keine offiziellen Informationen vonseiten der italienischen Behörden bezüglich ihrer Zukunft bekommen, wann und in welche Zentren Italiens sie verlegt werden und vor allem: Ihnen wurden digitale Fingerabdrücke abgenommen. Ein Geschehen, das ihnen verwehrt, mit ihren Verwandten in Nordeuropa zusammenzukommen und das sie de facto auf das Land begrenzt, indem sich das Massensterben ereignet hat.

DAS LAGER VON IMBRIACOLA

Es ist unglaublich, das wirklich schreiben zu müssen, aber es ist die Realität: Jene Hinterbliebenen, die ganz Italien erschüttert haben, werden trotz der Versprechen von Letta, Barroso und Maelstrom und noch gestern vom Präsidenten der Region, Crocetta, noch heute in dem elenden und menschenunwürdigen Lager Imbriacola festgehalten. 

Es sind die 108 überlebenden Eritreer, die, genauso wie die mit den letzten Anlandungen neu angekommenen Migranten, seit einem Monat auf schmutzigen Matratzen oder in aus Gummi und Plastik selbstgebauten Hütten schlafen, unter unbeschreiblichen hygienisch-sanitären Bedingungen und unter jedem Standard, unwürdig eines Landes der G8: Ohne Aufnahme.

Vor kurzem gab es einen Wolkenbruch und der Hof verwandelte sich in einen Sumpf, während auf der Umzäunung die Kleidungsstücke trockneten, Trainingsanzüge, alle gleich. Darüber hinaus sieht man die halb abgebrannten und nach dem Brand vom September 2011 nie wieder renovierten Gebäude. Ein Gefangenenlager, nicht geeignet, auch nur den geringsten Respekt vor der menschlichen Würde zu gewährleisten. 

Die Bilder des Videos, gedreht von den Hügeln aus, die das Lager nur für Ausländer umgeben, als wolle man sie tief im Tal verbergen, sprechen von Sonne. Es würde reichen, wenn die italienischen Führer einen Kilometer auf der Schotterstraße fahren würden, die zum Gefängnislager führt, um zwischen Gittern und Stacheldraht Menschen zu erblicken, die auf Nicht-Personen reduziert wurden.

Das alles kann nicht Aufnahme genannt werden. Eine unmenschliche Gefangenschaft, schon seit Jahren von Organisationen angeprangert, mit Artikeln, Fotos, Videos; aber dieses Mal, einen Monat nach dem 3. Oktober, liegt der Beweis vor, dass niemand wirklich sehen noch verändern will.

Der italienische Artikel:

(Aus dem Italienischen von Rainer Grüber)