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Donnerstag, 17. Mai 2012

Besichtigung des Zentrums für Identifikation und Abschiebung Serraino Vulpitta am 11. Mai 2012

Bericht von Laura Verduci
Am 11. Mai 2012 um 12:15 Uhr haben die Europaabgeordnete Alessandra Siragusa sowie Laura Verduci und Alessio Genovese als ihre Assistenten das Zentrum für Identifikation und Abschiebung (CIE) Serraino Vulpitta in Trapani besichtigt. Das Zentrum befindet sich innerhalb eines 20er Jahre Jugendstil Gebäudes. Die Eröffnung des Altbaus fand im Juli 1998 als Altersheim „Rosa Serraino Vulpitta“ statt. Heute noch wird ein Teil der Struktur als Wohnsitz für ältere Menschen genutzt. Der Vorgesetzte der Präfektur Herr Mondello erzählt uns über Vorfälle, in denen ältere Menschen (gegen Ihren Willen) in Fluchtversuche von Migranten verwickelt wurden.
Es wird uns mitgeteilt, dass das Zentrum demnächst wegen Renovierungsarbeiten schließen wird. Das Gebäude ist baufällig, insbesondere die Räume, die die Häftlinge bewohnen sind in einem sehr schlechten Zustand. In fast allen Zimmern fehlen die Fensterscheiben (außer in den Büros wo sich die territoriale Asylkommission trifft). Die Insassen beklagen sich wegen der Kälte und der Mücken und hängen Handtücher oder Stofffetzen vor die Fenster.

Das Zentrum ist in drei Bereiche geteilt. Die Zeitspanne in dem die Renovierungsarbeiten stattfinden sollen, ist unklar: Herr Mondello behauptet, dass die Arbeiten im nächsten Monat anfangen werden, während die Direktorin des Zentrums Frau Cardella uns dazu keine Auskunft geben will. Allerdings wurde der Journalistin Raffaela Cosentino von der Zeitung „Redattore sociale“ der Zugang zum CIE aufgrund von Bauarbeiten verweigert.
   
Die Direktorin erzählt uns, dass das Zentrum 41 „Gäste“ beherbergt. In Wirklichkeit sind es wahrscheinlich über 50: 15 Ägypter, die womöglich nicht identifiziert werden konnten und auf ihre Abschiebung warten, leben allesamt in einem kleinen Zimmer. Die Migranten sind fast alle ehemalige Inhaftierte die Asyl beantragen wollen: sie kommen aus Tunesien, Ägypten, Marokko, Albanien, Elfbeinküste, Palästina.

Das Zentrum wird seit 2000 von der Kooperative INSIEME verwaltet, sie gehört zur Gruppe „Connecting People“. Frau Cardella ist bereits seit 2000 die leitende Direktorin. Innerhalb der Struktur gibt es keinen Speisesaal. Das Essen wird von Außerhalb geliefert: die Firma „Micol My Chef“ beliefert drei Mal täglich das Zentrum. Die Direktorin erzählt uns, dass der Service sich in den letzten 10 Jahre verbessert habe, sie antwortet aber nicht auf unsere Fragen über die Höhe der Kosten die damit verbunden sind.
Das Team von INSIEME besteht aus Kulturmittlern, Rechtsvertretern, einer Psychologin, Ärzten und Pflegekräften, die im Schichtsystem arbeiten. Ein Migrant kostet aktuell um die 40 Euro. Die Sicherheitskräfte, die ebenfalls im Schichtsystem arbeiten bestehen aktuell aus: 4 Polizisten, 10 Männer des mobilen Einsatzkommandos (im Falle von Spannungen oder Revolten) und 6 Soldaten. Innerhalb der Unterkünfte sind keine Fotos gestattet. Viele Häftlinge sind psychisch überfordert und depressiv. Es gibt immer wieder Fälle von Selbstverletzungen und Selbstmord. Die Toiletten sind kaputt und verlieren Wasser. Mangelhafte Hygiene und Promiskuität sind für die Gesundheit der einzelnen Migranten schädigend. Viele Migranten kommen aus Gefängnissen aus allen Regionen Italiens und haben keinen Anwalt in Sizilien. Diejenigen, die mittlerweile einen Anwalt in Trapani erhalten haben, bleiben jedoch weiterhin ohne wirkliche HIlfe, da sie nicht adäquat verteidigt werden.


Aus dem Italienischen von Sarah Schwarz