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Mittwoch, 27. Juli 2011

Mineo, Reflektionen über die Demonstration im CARA

Wieder einmal melden sich die Migranten, die in dem riesigen Sammellager von Mineo untergebracht sind, zu Wort und kämpfen für ihre Rechte. Nur dass dieses Mal der Kampf besser organisiert ist und mehr Teilnehmer hat, so dass es gelingt, nicht nur die staatliche Straße Catania – Gela zu sperren, sondern auch andere Zugangswege vor Ort.
Einmal mehr wohnen wir einem ungleichen Kampf bei, dem Kampf gegen einen Haufen Bürokraten, welche die Migranten als Opfer von Regierungen und geflohen aus afrikanischen Staaten nicht anerkennen werden. Im Gegensatz zu früher hat der Protest von heute ein größeres Echo gefunden, diesmal wird darüber in den Fernsehnachrichten berichtet, jetzt beginnt man schließlich von der Situation der Flüchtlinge zu reden, es wurde aber auch Zeit! Gleichzeitig hat der Protest von heute eine größere Beteiligung seitens der Sicherheitskräfte erfahren, auch wenn es vielleicht besser wäre, von „Unsicherheitskräften“ zu sprechen. Denn wer hat heute denn versucht, die ganze Gegend abzuriegeln, die Demonstranten oder aber die Sicherheitskräfte? Die Sache hat etwas Unglaubliches an sich. So etwas hat es noch nicht gegeben. Die Maßnahmen der Ordnungskräfte bewirkten, Panik unter die Bevölkerung zu streuen und sogar die Kaufleute wurden aufgefordert, aus Furcht vor eventuellen Plünderungen oder Unruhen vor Ort die Geschäfte zu schließen. Das Absurde an der Situation ist, dass die Migranten nicht einmal die Nachbarschaft der betroffenen Region erreicht haben und dorthin auch nicht kommen wollten. Und so wurde bereits ein Ziel erreicht und ein Klima der Unannehmlichkeit geschaffen. Ich frage mich nur, warum die Sicherheitskräfte sich derart aufgeführt haben. Was wollten sie damit erreichen? Warum die Region evakuieren, warum alles daran setzen, dass die Leute zu Hause bleiben, und einen möglichen „Ansturm“ von Migranten heraufbeschwören, die seit Monaten jedoch friedlich mit den Bürgern der Stadt Mineo zusammenleben? Warum eigentlich verbreiten gewisse Leute, die die ehrenvolle Aufgabe übernommen haben, die Bürger durch einschlägige Internetportale der Kommunen zu informieren, falsche Nachrichten der Art, die Migranten seien vor den Toren der Stadt, hätten bereits die Scheiben eines Supermarktes eingeschlagen, Hilfe, Hilfe … Warum all das, warum die Angst schüren? Zu welchem Zweck? Noch einmal, seit Monaten leben wir nunmehr friedlich zusammen, und tatsächlich haben sich nicht mehr gewalttätige oder kriminelle Vorfälle von Seiten der Migranten ereignet, warum also bewerft ihr sie jetzt mit Dreck? Warum? Was passt euch nicht? Sie haben das gleiche Recht, ihre Stimme zu erheben, wie wir!
Leonardo Severino (aus dem Italienischen von Christiane Woelky)