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Sonntag, 5. Juni 2011

Bericht aus Lampedusa

Sie sitzen dort allein, unterhalten sich und schauen uns an; wir grüßen sie, einige antworten und deuten sogar ein Lächeln an. Wir befinden uns vor dem Identifikations- und Abschiebezentrum (CIE) in Lampedusa.
Ca. 200 Personen, Frauen und Kinder inbegriffen, sind hier in Imbriacola. Die scheinbare Ruhe trügt: wir erfahren von Selbstverstümmelungstaten, die die Abschiebung verhindern sollen, von gewalttätigen Übergriffen der Ordnungskräfte und von Volksgruppen, die separarat gehalten werden, um ein friedliches Zusammenleben zu garantieren. Uns wird darüber hinaus mitgeteilt, dass - abgesehen von den Bewohnern auf Lampedusa, die den Migranten zur Hilfe kamen  - sich andere in ihren Häusern einschlossen und die Tage in der Tat wie eine Invasion erlebten. Uns wird von kaputten Türen und zertrümmerten Fenstern berichtet, von Frauen und Kindern, die ordentlich gekleidet ankamen und in nur wenigen Tagen ein verwahrlostes äußeres Erscheinungsbild aufwiesen. Einige wurden von lampedusanischen Familien in ihren Häusern aufgenommen und viele Bewohner Lampedusas halfen den Migranten, was diese zum Dank mit einem Lächeln erwiderten. Nach Aussagen des Leiters der Küstenwache zeigten einige Inselbewohner deutlichen Widerstand. So wurde das Anlegen der Boote der Küstenwache, die 10 aus dem Meer gerettete Migranten an Bord hatten, verhindert. Auch das Anlegen an der anderen Seite der Anlegestelle wurde über mehrere Stunden blockiert. Überall befinden sich Polizeistreifen, die Insel ist streng überwacht. Ob deswegen die Touristen nicht kommen? In der Nacht vom 4. auf den 5. Juni wurden Minderjährige in der Via Roma von übermäßig vielen Polizisten (?) festgehalten, durchsucht und in das CIE zurückgeschickt. Boote kamen am 4. und 5. Juni 2011 keine an. Anzumerken ist weiterhin, dass der Erzbischof von Agrigento, Don Franco, in diesen beiden Tagen erfreulicherweise auf Lampedusa war (und weiterhin sein wird). Er merkte in der Sonntagspredigt an: “Geht wählen. Denkt daran, dass das Wasser ein Gut aller ist”.
Anna Rita & Angelo Piraneo
Weltliche Missionare Comboniani, Agrigento