Ein sehr besuchter Nachmittag mit den nach Mineo verbannten Migranten ging gestern Abend zu Ende. Nicht nur die Beteiligung der Migranten ist im Vergleich mit den drei Aktionen zuvor (am 3., 10. und 25. April) angestiegen (mehr als 400), sondern die Migranten kennen uns inzwischen auch und haben Vertrauen zu uns und der Arbeit unserer antirasstischen Gruppen gefasst.
Es gab gelungene Vorstellungen des “Literarisches Kreises” aus Pozzallo sowie des senegalesischen Perkussionisten Dommi Djalaw. Es wurden auch Musikstücke gespielt, die die Flüchtlinge sich wünschten. Zeitgleich wurden auch Dutzenden von Einzelfällen beraten. Wie wir schon befürchtet hatten berät die nach den großen Protesten vom 10. Mai nun endlich arbeitenden Asylkommission nur 2-3 Fälle am Tag. Es befinden sich derzeit angeblich 1800 Asylsuchende in Mineo, das bedeutet eine Wartezeit von mehr als zwei Jahren, sollte in diesem Tempo weiter gearbeitet werden. Dabei wird dem Krieg in Libyen nicht Rechnung getragen, durch den sich die Situation hier jeden Tag verschlimmern könnte. (…) In den letzten Wochen sind Hunderte von Asylsuchenden, die erst aus anderen C.A.R.A. hierher verlegt worden waren, wieder umverlegt worden, um Platz für die Neuankommenden aus Lampedusa zu schaffen. In der Zwischenzeit organisieren große Konsortien wie die Sol.Co. gemeinsam mit der Provinz Catania “Aufnahme”-Initiativen: am 16.5. gab es eine Tagung, an der auch der Präfekt von Catania, Castiglione, sehr viele Beamte der Region und die Leiterin einer Zweitaufnahme (SPRAR) teilgenommen haben. Nach drei sehr allgemeinen Redebeiträgen schloss die Tagung mit dem Auruf, aus Mineo ein “exzellentens Aufahmezentrum auf europäischem Niveau” zu machen. Niemand indessen kam auf den Gedanken, dieses Zentrum dafür zu kritisieren, dass es aus der Notstandgesetzgebung heraus entstanden ist und einen Nutzen darauas gezogen werden kann, dass in Zeiten der Notstandgesetzgebung alle Regeln ausgehebelt sind, was dem Klientelismus alle Wege öffnet. In den vergangenen Tagen haben wir die Rechtsberatung fortgesetzt. Dabei konnten wir feststellen, dass inzwischen alle, auch die, die für Menschenrechtsorganisationen arbeiten, sich in mit dem Alltag und dem quasi gefängnisartigen Charakter der Einrichtung abgefunden haben und das Regime der vielen Ordnungskräfte akzeptieren, so z.B. der Zwang für die Flüchtlinge, sich immer in Reih und Glied für Ein-und Auslass aus dem Zentrum anzustellen. Die Flüchtlinge verleben nach zwei Monaten des Chaos' und der Geldverschwendung langweilige Tage des Nichtstuns in Erwartung, dass die Asylkommission sie anhört. Es ist ihnen sogar verboten, sich das Essen selber zuzubereiten (und damit das, was sie gerne essen würden). Zudem gibt es keinerlei Konakte nach Mineo und die anderen umliegenden Ortschaften, es sei denn, einer nimmt den stundenlangen Marsch in einen der Orte auf sich. Wir drängen weiterhin darauf, dass schnellstmöglich ein Shuttlebus eingerichtet wird, der zumindest nach Mineo fährt. Die Ängste der Bevölkerung, die Anfang März gegen die Asylsuchenden vorherrschten und von den lokalen Rassisten geschürt wurden, scheinen sich inzwischen abgebaut zu haben. Damit das auch so bleibt haben wir mit lokalen Vereinen beschlossen, auch öffentliche Veranstaltungen zu organisieren.
Antirasstisches Netzwerk Catania