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Mittwoch, 18. Mai 2011

Bericht aus Lampedusa

Vormittags: Momentan kommen keine Boote, wir warten auf Nachrichten. In der Zwischenzeit ist Mariangela, eine Wissenschaftlerin der angewandten Politikphilosophie, auf der Insel angekommen, um die Situation der Migranten zu beobachten. 09:30 Uhr: Der Kardinal Bagnasco landet auf Lampedusa und die Insel ist auf einmal total militarisiert.
Bagnasco gibt seine ersten Presseerklärungen an Journalisten. 12:30 Uhr: Der Kardinal sagt in seiner Andacht, er sei nach Lampedusa gekommen, um den Menschen vor Ort zu begegnen und ihnen Danke zu sagen: ihre Aufnahme der Migranten, mit so einfachen Mitteln, sei ein sehr großes Beispiel für viele, die nur reden und nicht handeln. Später trifft er sich mit unterschiedlichen Institutionen und Vereinigungen der Insel, aber an diesen können wir nicht mehr teilnehmen. Mittlerweile ist die Gegend um die Kirche komplett militarisiert. Im Treffen mit den Vereinigungen kündigt er an, dass die Kirche 250000 Euro für die Restaurierung eines Saals der Kirchengemeinde zur Verfügung stellt (das Geld geht von einer Tasche in die andere, aber bleibt in derselben Hose). Um 13:30 Uhr beginnt im Aufnahmelager eine Art Protest, durchgeführt von einigen Tunesiern, die sich mit Rasierklingen am ganzen Körper Wunden zugefügt haben. Es gab letztendlich 5 Verletzte, davon einer sehr schwer (der sich in den Arm geschnitten und eine Vene getroffen hatte) zur Folge. Die Situation hat sich beruhigt und es scheint, dass die Verletzten medizinisch versorgt wurden und es ihnen besser geht. Aber aufgrund dieses Vorfalls wurde der Besuch des Kardinals im Aufnahmelager abgesagt. Im Gespräch mit unserem Kontakt im Lager Imbriacola (der Arzt, der anonym bleiben will) erfahren wir die Motive der Migranten, sich selbst zu verletzen: Mögliche Zurückweisung nach Tunesien; Aufmerksamkeit erhalten, aufgrund des Besuches des Kardinals; Konflikte mit den Sicherheitskräfte (wir werden uns informieren, ob es Misshandlungen durch Polizisten gegeben hat). Es scheint, als seine weitere 5 bis 6 Bootsankünfte für Freitag angesagt.

Francesco Ciski Sargentini, BSA