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Freitag, 15. September 2017

Besorgniserregende Zunahme der rassistischen Vorfälle in Palermo

Beobachtungsstelle rassistischer Diskriminierung “Noureddine Adnane”, Palermo
Pressemitteilung vom 13. September 2017


Während des Sommers hat die Organisation zur Beobachtung rassistischer Diskriminierung “Noureddine Adnane” eine besorgniserregende Zunahme rassistischer Vorfälle in Palermo registriert. Wir haben festgestellt, dass die Intoleranz zugenommen hat: sowohl die Anzahl als auch die Stärke der verbalen und physischen Angriffe ist gestiegen. Solche Intoleranz richtete sich gegen „schwarze“ Menschen und auch Menschen arabischer Herkunft.

dirittiglobali.it

In den meisten Fällen haben sich die Aktionen gegen Menschen mit “einer anderen Hautfarbe” als Anschuldigungen manifestiert, wie z.B.:“Du klaust mir die Arbeit“, „Geht zurück in euer Land“, „Vorher hat uns die Regierung mit allem versorgt, jetzt ist alles nur noch für euch da“, „Euretwegen ist für Italiener*innen nichts übrig geblieben“.
Araber*innen hingegen werden immer öfters als IS-Anhänger*innen beschimpft und deswegen als potentielle Terrorist*innen angesehen und mit Parolen wie “Va jetta sangu IS” angefeindet (der Satz bedeutet „Der IS soll Blut spucken“ – ein in Palermo öfters angewandter Satz, wenn jemandem der Tod gewünscht wird).

Die Beobachtungsstelle schätzt ein, dass die Zunahme rassistischer Vorfälle in Palermo sich in ein generelles Klima der Intoleranz in unserem Land einfügt. Unserer Meinung nach ist der Zuwachs von Rassismus in Italien direkt mit der Verschärfung sicherheitspolitischer Maßnahmen verbunden, die die italienische Regierung diesen Sommers vorgenommen hat. Insbesondere hat der sogenannte Minniti-Beschluss, der in das Gesetz 46/2017 umgewandelt wurde, xenophobes Verhalten und menschenverachtende Vorgehensweisen begünstigt. Der Minister Marco Minniti sagte, dass er mit dem Beschluss „die Demokratie in unserem Lande schützen wollte“. Wir hingegen glauben, dass diese Politik, die „das Volk, das die Köpfe der Migrant*innen rollen sehen will, zufrieden stellen sollte“, „die Büchse der Pandora geöffnet hat und dadurch erst der faschistischen und rassistischen Rechten Italiens ermöglichte, den Kopf zu heben“, wie Patrizio Gonella in seinem Artikel „Hass und Rassismus - ein Italien, das wir nicht mehr wieder erkennen“ erklärt.

Die Beobachtungsstelle hebt hervor, dass die sozio-ökonomischen Schwierigkeiten, unter denen die Mehrheit der palermitanischen Bevölkerung leidet, das Auftreten von rassistischen Äußerungen und Handeln begünstigen. Migrant*innen und Araber*innen werden schnell zu Sündenböcken, gegen die sich Angst und Frustration richten, die aber an und für sich andere, klare Ursachen haben, nämlich politische und institutionelle Fehlleistungen. Wir glauben, dass es dringend notwendig ist, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der institutionellen Verantwortlichen auf die wiederaufflackernde faschistische und rassistische Stimmungsmache, die sich in unserem Land, vom Norden bis in den Süden, breitmacht, zu lenken.

Auf kommunaler Ebene sollte – unserer Meinung nach – ganz dringend ein runder Tisch ins Leben gerufen werden, wo sich Institutionen, soziale Ämter, Bewegungen und Vereine, die die zivile Gesellschaft repräsentieren und in den Schulen und an der Basis operieren, mit dem Ziel auseinander setzten können, Strategien zu entwickeln, die das verbreitete Hochkommen von Intoleranz und rassistischem Hass entgegen wirken können. Fernen wünschen wir uns, dass die ganze Bevölkerung, Frauen und Männer, die wahrlich an „dem Schutz der Demokratie in unserem Land“ interessiert sind, auf die Straße geht und ihre Meinung äußert.

Kontakt: palermonondiscrimina@gmail.com



Aus dem Italienischen von A. Monteggia übersetzt