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Dienstag, 10. Februar 2015

Die Tragödie geht weiter. Weitere dutzende Tote im Meer. Nicht die Kälte sondern die Gleichgültigkeit haben sie getötet.

Pressemitteilung vom COORDINAMENTO ANTIRAZZISTA PALERMITANO*
Sonntag, 8. Februar. Matteo Salvini hat es wieder einmal in Palermo versucht, die Krise und die Angst der Menschen zu instrumentalisieren sowie seine Kampagne des Hasses und des Rassismus zu führen.  Aber Hass zeugt nur Hass. Dies zeigt uns unsere Welt, die von Kriegen und Terrorismus zerrissen ist.  Die soziale Gerechtigkeit kann nur auf Gleichheit und auf den Kämpfen um die Rechte jedes einzelnen Menschen aufgebaut werden.

Nur wenige Stunden nach dem Besuch von Salvini Dutzende Toter und Vermisster im Kanal von Sizilien, die im Stich gelassen wurden. Nach dem Ende von Mare Nostrum werden mehr Menschen durch Unterkühlung als durch die Wellen des Meeres getötet. Jetzt, wo die Regeln des Einsatzes geändert wurden,  bewegen sich die Einsatzmittel von Frontex (Europäische Operation Triton) nicht über 30 Meilen südlich von Lampedusa und Malta hinaus. Die Verantwortung über die Suche und Rettung obliegt allein der italienischen Küstenwache  und der italienischen Marine. Die EU glänzt mit ihrer Abwesenheit. Man weiß nicht, was  die von der EU finanzierten Schiffe und Flugzeuge machen. Vielleicht warten sie auf Lampedusa und Malta auf die Ankunft der illegalen Flüchtlinge, um diese zu stoppen.

Und während sich die Operation TRITON von Frontex als nutzlos und inaktiv erweist, und während Menschen im Meer ertrinken, nimmt die Anzahl derjenigen in Italien zu, die bilaterale Abkommen in Hinblick auf kollektive Zurückweisungen wiederherstellen und sogar kollektive Ausweisungen vornehmen lassen möchten - trotz der Verletzung der vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof erlassenen Bestimmungen und trotz der Europäischen Menschenrechtscharta, die kollektive Zurückweisungen untersagen.

Bei den Migranten, die in den vergangenen Jahren von Salvini und seiner Partei durch die Zurückweisung nach Libyen in den Tod geschickt wurden, handelt es sich nicht um potenzielle brutale Terroristen. Sie sind vielmehr die direkten Opfer der Barbareien, die der Westen verurteilt, aber nicht mit der notwendigen Bestimmtheit und Einigkeit zu bekämpfen vermag.

Die in diesen Tagen in dem kalten Gewässern des Kanals von Sizilien gestorbenen Migranten sind Opfer der europäischen Bürokratien und der Feigheit derjenigen, die den Wahlerpressungen der Lega Nord und der europäischen Rechten erlegen sind, um die Rettungsmissionen der großen Militärschiffe im Kanal von Sizilien zu stoppen.
Die verschiedenartigen faschistischen Auffassungen und europäischen Fundamentalismen, deren aufstrebender Sprecher Matteo Salvini ist, stellen das Gegengewicht und den besten Verbündeten zu den Nationalisten und den Fundamentalisten der köpfenden ISIS dar. Sie nähren sich gegenseitig und geben sich einander die Schuld, in einer höllischen Spirale, die endlos zu werden riskiert und bei der wir in Gefahr laufen, ebenfalls darin verwickelt zu werden.

Das Ende von Mare Nostrum und der Übergang auf Triton-Frontex haben sicherlich die Situation auf dem Meer und die politischen Beziehungen zwischen Staaten und Regierungen verändert. Aber man hat nicht die abschreckende Wirkung, die Brüssel erhofft hat, erreicht, lediglich die Zahl der Opfer der Beschränkungen und der europäischen Grenzen hat sich erhöht: Alles Menschen, die einen Anspruch auf internationalen Schutz gehabt hätten, wenn sie in das Schengen-Gebiet gelangt wären, wie Syrier, Afghanen, Iraker, Somali und die Eritreer. Daher kommen die meisten derer, die  an Unterkühlung starben, nachdem man sie in internationalen Gewässern aufgelesen hatte.

Die willkürlich angewendete allgemeine Praxis der Polizei verstößt gegen das internationale Recht, wie das Refoulement-Verbot, und das EU-Recht (Schengener Abkommen). Mit der zwangsweisen Abnahme von Fingerabdrücken versucht man, die Fortbewegung der Asylbewerber zu kriminalisieren, ohne die Gründe für die allgemeine Verfolgung oder des offenen Krieges zu verstehen bzw. verständlich zu machen, die in den Herkunftsländern wie Syrien, Eritrea oder in den Durchgangsländern wie Libyen und Ägypten, herrschen.

Altri dimenticheranno in pochi giorni questi morti e trascureranno così la loro stessa dignità umana, ridotti ad automi inebetiti dalla crisi e dalle menzogne delle forze di governo.

Andere, durch die Krise und die Lügen der Regierungskräfte abgestumpft, werden diese Toten in wenigen Tagen vergessen und verlieren somit ihre eigene Würde.
Wir werden nicht nur Tag für Tag daran erinnern, dass die Würde und das Leben der Menschen vor der „Verteidigung der Grenzen“ und „dem Krieg zwischen den Religionen“ steht, sondern im Sinne der aktiven Solidarität handeln, um die Anzahl der Opfer eines nicht erklärten Krieges gegen die Migranten zu reduzieren. Ein Krieg auch gegen die solidarischen Bürger, die die Migranten unterstützen und gemeinsam mit ihnen hoffen, einen Beitrag zum Aufbau eines möglichen Zusammenlebens und zu einer gerechten Gesellschaft zu leisten.

Gegen alle Fundamentalismen und Faschismen. Die Krise ist die Hölle und der Hass sein Profet.
 

Coordinamento Antirazzista Palermo*


* Antirassistische Koordinationsgruppe Palermo

Aus dem Italienischen von Thanh Lan Nguyen-Gatti