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Sonntag, 1. Juni 2014

Ein Samstag in Porto Empedocle

Der gesamte Samstag, 31.Mai, zeichnete sich durch drei hintereinander folgende Anlandungen aus. Der Tag hat mit dem Mare Nostrum Flottenschiff “EURO” begonnen, das ca. 530 Migranten davon vorwiegend Eritreer, Syrier sowie Palästinenser,  an den Hafen von Porto Empedocle verbracht hat.
Eine unendlich lange Prozedur, die um 14 Uhr begonnen hat und bei der die Migranten durch die mittlerweile berühmten Seilnetzstruktur des Hafens durchgeschleust wurden, die immer noch nicht in Betrieb ist.

Da die Situation in den Einrichtungen Siziliens kollabiert, hat der Innenminister beschlossen,  die Migranten am gleichen Tag noch in andere Unterkünfte zu verbringen. In der Tat ist die Odyssee für die erste Gruppe der in Porto Empedocle angekommenen Migranten nur um 23 Uhr geendet, weil sie zum Militärflughafen von Sigonella und zu dem Zivilflughafen von Catania verbracht wurden, um nach Crotone und Verona zu gelangen.

Das Schicksal dieser Migranten, die nicht einmal voridentifiziert wurden, ist noch unklar (Es besteht keine Klarheit, ob dies an der Organisationsunfähigkeit  liegt oder ein Staatsgeheimnis aus uns unbekanntem Gründen geheim gehalten wird). Zu dieser ersten Gruppe zählten auch zahlreiche Kinder, ca. 40, und mehr als 120 Frauen.

Es folgte am gleichen Tag die Anlandung von ca. 310 Migranten mit dem Küstenwacheschiff "Peluso". Sie hatten ein anderes Schicksal. Sie waren nicht von der Luftbrücke betroffen, sondern von der Verbringung nach Siculiana in die Einrichtung von Villa Sikania, die als Verteilzentrum fungiert. Es handelt sich um eine abgeschottete Einrichtung, in der die Migranten nach einigen Tagen in andere Provinzen oder Regionen verbracht werden oder von der sie sich, wenn der Aufenthalt länger dauert, entfernen (so die Präfektur, d.h. dass sie frei hinausgehen können, während wir Italiener nicht frei sind, hineinzugehen .... da scheint etwas nicht zu stimmen!)  in stiller Übereinkunft mit dem Betreiber und dem für das Migrationsgeschäft zuständige Ministerium.

Der Samstag in Porto Empedocle endete mit dem Transport auf der Fähre European-Voyager von ca. 260 Migranten (12 Kinder und 3 schwangeren Frauen), die am Morgen auf die Insel Lampedusa verbracht wurden. Da es in Lampedusa keine Einrichtungen gibt, die für die Aufnahme bestimmt sind, sind die Migranten den ganzen Tag am Hafen Favaloro zurückgelassen worden (mittlerweile berühmt für die lange Reihe an Särgen des 3. Oktobers). Zum Glück haben die Lampedusaner, mit dem Pfarrer vorangehend, nicht die Möglichkeit versäumt, ein wenig Solidarität zu manifestieren, indem sie den Migranten Essen, Getränke und trockene Kleidung gegeben haben. Wo der Staat säumig ist, gibt es wahre Menschen, die ein „Stück Herz“ teilen.

Außerdem sind in Lampedusa 2 schwere Fälle sowie eine im 9. Monat schwangere Frau mit Hubschrauber ins Krankenhaus transportiert worden, während das Schicksal von 19 Migranten, die mit einem kleinen Holzschiff in Lampedusa angekommen sind (von marokkanischer und algerischer Nationalität), unbekannt ist.

Der Samstag in Porto Empedocle endete spät nachts und hat 1100 Personen am Hafen ankommen sehen, die einen Traum haben, ein Vorhaben, das sie verwirklichen möchten, obwohl Europa auch Träume und Hoffnungen zerstören möchte. Aber Träume und Hoffnungen kann man nicht verhaften!

Alberto Biondo 
Borderline Sicilia Onlus 

Aus dem Italienischen von Thanh Lan Nguyen-Gatti