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Dienstag, 1. April 2014

Das Übergangszentrum von Mazara del Vallo - ein gutes Beispiel

Die breite Vermehrung der informellen Zentren endet nicht und betrifft inzwischen alle sizilianischen Provinzen. Letzte Woche haben wir das Zentrum "Fondazione San Vito" (San Vito Stiftung) in der Kommune von Mazara del Vallo, Provinz Trapani, besucht. Es handelt sich um zwei Appartments, die von der San Vito Onlus Sitftung geleitet werden. Diese hatte sich schon in den letzten Jahren um die Unterbringung gekümmert, das erste Mal von 2006 bis 2007, dann erneut in den Jahren des "Notstands Nordafrika".
Die derzeit 45 anwesenden Asylsuchenden sind seit Oktober dort und kommen zum großen Teil aus Gambia, Mali und Nigeria. In einem der beiden Appartments sind einige Frauen und vier Familien (zwei von ihnen mit ihren Kindern) untgergebracht, in dem anderen leben nur Männer zwischen 20 und 25 Jahren.
Es gibt an jedem Tag der Woche Italienischunterricht: drei Mal wird er von zwei Lehreren der Schule für  Erwachsenenbildung abgehalten, mit der ein Vertrag geschlossen wurde. Die anderen beiden Tage unterrichten die Mitarbeiter der Einrichtung. Diese hat zudem Verträge mit einer Mittel- und einer Oberschule zur Organisation von Aktivitäten und Veranstaltungen geschlossen, die der Interkulturalität, der Sensibilisierung und dem gegenseitigen Kennenlernen der Schüler und der Bewohner des Zentrums dienen sollen.
Zudem wird einmal in der Woche eine Rechtsberatung gestellt. Alle Asylsuchende haben sofort nach ihrer Ankunft das C3 Formular zur Stellung des Asylantrages ausgefüllt, so wie es es rechtlich auch vorgesehen ist, was aber meist in der Praxis nicht funktioniert.
Es gibt ein Taschengeld, eine Telefonkarte wird ausgeteilt und die medizinische Versorgung wird vom staatlichen Gesundheitsdienst, dessen sich die Einrichtung bedient, gesichert.
Die Essensversorung erfolgt durch die Einrichtung selber, die Küche des Altenheimes (auch von der Sitftung geleitet) , das direkt neben dem Gebäude liegt und in dem sich eines der beiden Appartments, ein kreatives Zentrum und die Büroräume der Stiftung  befinden, bereitet es zu.
Das Essen wird um 12 und um 18 Uhr gebracht, zudem gibt es ein Frühstück. Die Mitarbeiter berichteten uns, dass die Küche auch außerhalb der Essenszeiten für die Familien zugänglich bleibt. In einer Art Schichtbetrieb haben auch die Bewohner des anderen Appartments Zugang zu Küche, wenn sie sich selber etwas kochen wollen.
Die Verantwortlichen des Zenrum haben uns berichtet, dass sie für alle Bewohner die Ausstellung einer dreimonatigen Aufenthhaltserlaubnis beantragt haben, damit diese Ausbildungspraktika beginnen können. Denn tatsächlich beschweren sich die Bewohner solcher Zentren oft über das unerträgliche Problem, die Tage mir einfachem Nichtstun verbringen zu müssen, obwohl sie gern arbeiten oder zumindest etwas Nützliches machen würden, um ein Handwerk zu erlernen. Dieser Aspekt findet tatsächlich keinerlei Berücksichtigung im Erstaufnahmesystem, welches nur Obdach und Nahrung als Erstversorgung betrachtet und die Selbstbestimmung und die Integration dieser Menschen völlig außer Acht lässt.
Die Stiftung San Vito ist seit mehreren Jahren darum bemüht, die Interkulturalität zu fördern und leitet auch ein kreatives Zentrum für Jugendliche, welches im Laufe der Jahre ein wichtiger Ort der Begegnung auch für die Familien der vielen Jugendlichen verschiedener Nationalität, die dort hingehen, geworden ist. Die Feinfühligkeit und die guten Kenntnisse der Mitarbeiter garantieren ein gutes Niveau in der Aufnahme und den Dienstleistungen für den Menschen, die über das  vorgesehene Normalmaß hinausgehen, die in den dürftigen Verträgen mit den Präfekturen und den Übergangszentren vorgesehen sind.
Aber auch ein Beispiel der guten Praxis wie dieses bestätigt, - abgesehen davon, dass es eine einsame Ausnahme darstellt - dass die Aufnahme-Verträge der Präfekturen einfach mit den diversesten Trägern gemacht werden, und dass es keinerlei Kontrollo über die Arbeitsweise der Träger gibt. Die Aufnahmestandards obliegen ganz allein den Betreibern, zum Teil Hoteliers, Besitzer von b&bs, Vereine oder Betriebe, die mehr oder weniger verantwortlich, vertrauenswürdig und fachkundig arbeiten.
 

Die Redaktion von Borderline Sicilia
Aus dem Italienischen von Judith Gleitze