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Freitag, 21. März 2014

Unterbringung auf Industriegelände: das fehlte uns noch!

Nachdem  Tausende  Migranten,  die in  den  letzten  Stunden  Sizilien erreichten,  auf  die  Schiffe  der Operation Mare Nostrum umgebootet worden waren und dann im Hafen Augusta anlegten, wurden sie willkürlich in über ganz Sizilien verstreute Einrichtungen aufgeteilt – besser gesagt geparkt. 580 von ihnen haben das miese Los, in der Lagerhalle von Italkali ein Steinsalz-Unternehmen) direkt im Hafengelände von Porto Empedocle unterzukommen, gezogen. Das Grißzelt, das eigentlich als  Transitunterkunft  dienen  sollte,  ist noch  immer  nicht  benutzbar.
Nach einer Reise, bei der sie dem Tode ins Auge gesehen haben, wurden diese unglücklichen Personen in  eine  Lagerhalle abgeladen, welche normalerweise zur Einlagerung und Verarbeitung von Salz genutzt wird. Ein solcher Ort hat sicherlich nichts mit einer vernünftigen Unterkunft gemeinsam.
Die Behörden beschlagnahmten die private Struktur und stellten die industrielle Produktion für ganze zwei Tage  ein. Dies ist der hundertste Beweis für jegliches Fehlen von Planung und Vorausschau im System, welches zuständig ist für das Management der Einwanderer, die Sizilien auf dem Seeweg erreichen. Auch der  Zivilschutz  wurde  in  diesem  Fall  erst im  letzten  Moment  allarmiert,  um  die  „Gäste“  im Italkali logistisch zu  unterstützen.  Seit  heute  stehen  somit  auch  produzierende Fabriken  auf  der  Liste  der italienischen Nicht-Aufnahme, zusammen mit Turnhallen, Sportpalästen, Schulen, Hotels und so weiter. Aus diesem Grund verwundert es uns ganz und gar nicht, dass einige Migranten nach wenigen Stunden bereits verschwunden sein sollen. Tatsächlich haben 320 Personen das allgemeinen Durcheinander genutzt, um ihre Reise  fortzusetzen. In  Gruppen  zu  ungefähr  zehn  Personen  gingen  sie  von  Porto  Empedocle  nach Agrigento, um von dort mit Glück in einen der Hauptorte Siziliens zu gelangen und von dort aus weiter ins restliche Italien.
Wer  entschieden  hat,  in  der  „salzigen“  Struktur  der Italkali  zu  bleiben  –  wahrscheinlich  aus  Mangel  an Kräften oder Hoffnung – musste auf die später Einsicht der Behörden warten, die es irgendwann doch für besser  hielten,  die  Anwesenden  in  eine  Turnhalle  der  Gemeinde  Racalmuto, auch in  der  Provinz Agrigento,  zu übersiedeln.
Unterdessen sucht die Präfektur von Agrigento verzweifelt zusätzliche Schlafplätze zur Unterbringung jener Migranten, welche auch weiterhin auf Marinebooten in Sizilien ankommen. Die Präfektur ist bereit, weitere Abkommen  zur  Öffnung  außerordentlicher  Aufnahme­Zentren mit Gesellschaften, Genossenschaften  oder  auch  privaten  Unternehmen  zu  unterzeichnen,  welche  zur  Verfügung  stehende Räumlichkeiten besitzen und bereit sind,  mit der Einwanderung Geschäfte zu machen.

Alberto Biondo
Borderline Sicilia  Onlus

Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner