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Montag, 17. Februar 2014

Vor dem CARA von Mineo schreit man “Freiheit” auf allen Sprachen

Argocatania – Lasst uns die Lager schließen, die Grenzen öffnen, freedom, hurrya, libertá -  das sind die Slogans, die einige hundert Migranten und sizilianische Anti-Rassisten rufen und mit denen sie wieder einmal gemeinsam vor dem CARA (Centro Accoglienza per Richiedenti Asilo, Aufnahmezentrum für Asylsuchende) von Mineo protestieren. Die Demonstration, von einer Vielzahl an Vereinigungen und Bewegungen gefördert, versuchte im Geiste der Carta di Lampedusa (“Charta von Lampedusa”) weiterhin die Scheinwerfer auf die Geschehnisse im Mega-Zentrum Mineo zu richten, wo sich momentan etwa 4.000 Personen befinden (das ist die doppelte Anzahl der ursprünglichen Kapazität).
Männer, Frauen, Kinder, die auf alles verzichtet haben (Häuser, Familien, Söhne unud Töchter, ihre Arbeit und Heimatorte) und die jahrelang Wüsten und unsichere Länder durchquert haben, um sich nach Europa zu retten und eine neue Chance auf ein Leben zu haben; nicht nur für sich, sondern auch für die Verwandten, die es nicht geschafft haben, zu gehen.
Das CARA ist eine Einrichtung, an die eine erhebliche Summe an öffentlichen Geldern verschwendet wird (etwa 50 Millionen Euro für die Verwaltung im Jahr 2013), aber nicht, um diesen Menschen eine Unterkunft zu geben, sondern zur Segregation derselben.
Das Ziel, das es zu erreichen gilt, ist einfach und klar: das CARA sobald wie möglich zu schließen, und sich stattdessen auf die SPRAR - Einrichtungen (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati, ein kommunales und freiwilliges Aufnahmesystem von Asylsuchenden) zu konzentrieren, die in kleinen und mittelgroßen Städten platziert sind und die so eine wirkliche soziale Integration möglich machen, wie es Beispiele von Kommunen wie Riace in der Locride (Kalabrien) zeigen.
In der Zwischenzeit fordert man dringend, die Anzahl der entsprechenden Kommissionen zu vervielfachen, um die Situation aller Migranten (deren Anwesenheit in diesen Einrichtungen theoretisch nicht 35 Tage überschreiten dürfte) und eine öffentliche Debatte über die Lebensqualität im Inneren des CARA zu eröffnen, in Bezug auf das dortige Essen, die Kleidung und die Gesundheitsversorgung.
Die Demonstranten haben außerdem die Tatsache verurteilt, dass diejenigen, die die Einrichtung verwalten, weiterhin das Taschengeld (in der Höhe von 2,50 Euro) in Form von  Zigaretten (auch für die Kinder) und Telefonkarten auszahlen.
In der stattgefundenen Versammlung am Ende der Demonstration bekräftigten alle Teilnehmer, dass sie nicht durch ihr Schweigen zu Komplizen und Mitschuldigen werden wollen an der Schaffung von modernen Lagern, der Geschäftermacherei mit Menschen und den Körpern dieser Menschen und der Absprechung der Persönlichkeit und der Hoffnungen und Lebenserwartungen einer ganzen Generation.
Sie haben außerdem von einem unerträglichen Klima der Einschüchterung berichtet, das jedem begegnet, der innerhalb der Einrichtung versucht sich zu organisieren, um die eigenen Rechte zu verteidigen. Eine Haltung, die leider auch auf nationalem Level verbreitet ist, wie die beschämenden Beispiele von Geschehnissen zeigen, die sich kürzlich auf Lampedusa und in Rom ereignet haben.
Am Nachmittag haben sich einige der Initiatoren in Catania versammelt, um zu diskutieren, wie eine Mobilisierung auf regionalem Level voranschreiten kann.
In den nächsten Wochen wird in verschiedenen Teilen Siziliens die “Charta von Lampedusa” präsentiert werden und es soll versucht werden zu konkretisieren, was das Papier enthält. Insbesondere gilt es, den Kampf für die Rechte von Migranten mit dem Kampf gegen die Militarisierung des Territoriums zu verbinden; es ist kein Zufall, dass während der Demonstration der Ruf ertönte: “Sizilen wird schöner sein ohne das CARA und ohne Sigonella.”

Aus dem Italienischen von Philine Seydel