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Montag, 20. Januar 2014

Die Lage im CARA von Pian del Lago

Vergangenen Dezember haben wir die gute Nachricht von den zahlreichen Aufnahmen von Personen, die seit Monaten außerhalb des Aufnahmelagers der Contrada Pian del Lago campiert hatten, verbreitet. Die Notunterbringungen wurden in verschiedenen Einrichtungen, verstreut in der ganzen Provinz Caltanissetta, durchgeführt, und einige der in Rede stehenden Asylbewerber haben auch im staatlichen Lager von Pian del Lago „Aufnahme“ gefunden.
Im Verlauf weniger Tage haben die Verwalter des CARA die Möglichkeit geschaffen, ungefähr zehn Personen aufzunehmen, obwohl es seit langem schien, dass sie schon eine Anzahl beherbergen würden, die über die Aufnahmefähigkeit des Lagers hinausging und obwohl die Eingänge im Lauf der vorhergehenden Wochen dosiert worden waren. Daher kann die überraschende Verfügbarkeit von 10 Plätzen im CARA nicht mit der Anzahl der Gäste, die das Lager in jenen Tagen verlassen hatten, übereinstimmen.

Wir haben uns mit einigen Migranten unterhalten und dabei zuerst erfahren, dass einige der Personen, die nach dreimonatigem Aufenthalt im Biwak zurück sind, bei ihrer Ankunft im CARA nicht einmal ein zugeteiltes Bett gefunden haben und die ersten Nächte schlafend auf einer auf die Erde geworfenen Matratze verbringen mussten. Dazu ist das Leben in den sechs Containern von Pian del Lago noch härter als gewöhnlich geworden. Die Zahl der Personen, die darin wohnen, liegt bei 13 bis 16 Gästen, obwohl es eigentlich nur 8, im Höchstfall 10 sein sollten. Der Zustand der Bäder, von denen wir schon wissen, dass sie beklagenswert sind, hat sich weiter verschlechtert: Das warme Wasser ist in den ersten Stunden des Tages verbraucht, viele Duschen sind kaputt und niemand kümmert sich um ihre Instandsetzung. Um sich eine warme Dusche zu sichern, gibt es Leute, die um 4 Uhr morgens aufwachen. Die Bäder sind schmutzig, unbrauchbar und stinkend.

Ein weiteres strukturelles Problem ist die Innenbeleuchtung der Container: Wenn eine Neonlampe zerbricht oder verbraucht ist, wird sie nicht gerichtet oder ersetzt, und man lässt die Gäste im Dunkeln leben.

Keiner der Gäste, die Mitte Dezember ins Lager eingezogen sind, hat bis jetzt irgendein Kleidungsstück erhalten. Zurzeit seien ihnen nur Plastikbadelatschen ausgeteilt worden (in vielen Fällen kleiner als ihre Schuhgröße) und ein Set zum Zähneputzen (das für Kinder gedacht ist). Reinigungsmittel für die persönliche Reinigung wurden nicht verteilt (wie uns die Gäste seit langem erzählen), sondern nur Waschpulver für die Wäsche der Kleidung, für die die Gäste persönlich sorgen müssen, per Hand und in kaltem Wasser, weil es keinen Wäschereidienst gibt.

Wir haben einige Gäste getroffen, die seit 3-6 Monaten im Lager leben und noch keine Jacke für den Winter bekommen haben und nur mit einem Pullover bekleidet durch die Kälte von Caltanissetta gehen. Sie haben uns erzählt, dass die wenigen Kleidungsstücke, die ihnen von Zeit zu Zeit zur Verfügung gestellt werden, oft gebraucht sind und immer in Größen, die total von den ihren verschieden sind. Beweis für die Abwesenheit eines Kleiderdienstes sind die Bilder von den Gästen des Lagers, die mit Säcken voll von Kleidungsstücken und gebrauchten Decken ins Lager zurückkehren, mit denen sie sich aus Altkleiderbehältern (jenen gelben, um es klar zu sagen) versorgt und dabei ihre körperliche Unversehrtheit riskiert haben (es wäre nicht das erste Mal in Italien, dass Personen auf der Suche nach Kleidung geköpft in diesen metallenen Behältern zurückbleiben).

Ein Mitglied eines Vereins in Caltanissetta hat uns erzählt, dass er vergangenen Dezember dafür sorgen musste, zwei Jacken zurückzubekommen, als einige Migranten, die, als sie endlich ihre Aufenthaltserlaubnis bekommen hatten, an dem Tag, als sie das Lager verlassen wollten, von den Mitarbeitern von Auxilium (der geschäftsführenden Körperschaft) aufgefordert wurden, ihre Jacken zurückzulassen, mit der Begründung, dass die Bekleidungsstücke Eigentum des Lagers seien.

Im CARA von Pian del Lago besteht weiterhin die Kritik, dass ein strukturierter Italienischkurs fehlt. Mitte Dezember 2013, nach Monaten totaler Abwesenheit, wurden Italienischstunden auf den Weg gebracht (und dann sofort während der Weihnachtszeit wieder ausgesetzt), an zwei oder drei Tagen die Woche, von 45 Minuten Dauer. Dieser Dienst wurde aber nicht mit Pünktlichkeit und Konstanz garantiert. Dagegen mehren sich die zahlreichen Anfragen der Gäste des CARA, an den kostenlosen Italienischkursen teilzunehmen, die von dem Verein Bao in der Stadt abgehalten werden, denn sie sagen, dass es im Lager unmöglich ist, Italienisch zu lernen. Kürzlich hat uns ein afghanischer Flüchtling, der fast ein Jahr im CARA verbracht hat, auf Englisch um Hilfe gebeten, einen Italienischkurs in Caltanissetta zu finden, und er war nicht in der Lage, sich in Italienisch auszudrücken, auch nicht mit grundlegenden Phrasen. Es ist entmutigend festzustellen, dass die zermürbende Wartezeit im CARA über die vom Gesetz vorgesehene Zeit hinaus, den Gästen nicht einmal die Möglichkeit gibt, in den Erwerb des Italienischen zu investieren, um ihre Unabhängigkeit zumindest vom sprachlichen Standpunkt aus zu fördern.

Was die medizinische Unterstützung angeht, scheint es sich um einen eher oberflächlichen Dienst zu handeln, mit reduzierten Öffnungszeiten der Krankenstation, verglichen mit der ehemaligen Lagerverwaltung, wenigstens was die häufigsten und nicht so schweren Beschwerden angeht. Wie es scheint, werden tatsächlich für jede beliebige Art des Problems (ob es sich um Grippe handelt, um muskuläre oder Gelenkentzündung oder Magen-Darm-Verstimmungen) die gleiche Art von Tabletten und Wirkstoffen verabreicht.

Bleibt dann das Problem des Taschengeldes, das in Form von Aufladung eines elektronischen Chips verteilt wird, mit dem es nur möglich ist, die Produkte der Automaten, die im CARA stehen zu kaufen, die, so sagen uns einige Gäste, um vieles teurer seien als die gleichen, die im Supermarkt verkauft werden. Die Migranten wünschten, sie könnten die wenigen Euro wöchentlich in Bargeld bekommen, um frei über das Geld verfügen zu können, das ihnen von Rechtswegen zusteht.

Wegen all dieser Gründe, und als erstes, wegen der Wartezeiten auf den Abschluss des Dienstweges im Asylverfahren, sind im vergangenen Monat zahlreiche Gäste für gut drei Tage in den Hungerstreik getreten, der erst nach der Garantie beendet wurde, die von Seiten der Verwaltungsgesellschaft gegeben wurde, alle Dienste zu verbessern und von Seiten des Einwanderungsbüros der Quästur, baldmöglichst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zu veranlassen.

Das Resultat des Protestes hat aber nur für die etwas ausgetragen, die eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, mit der sie das Lager verlassen konnten. Während die Zeiten der Gebietskommission von Syrakus während der Weihnachtsferien verringert wurden (in denen die Aktivitäten ausgesetzt wurden), wurde bezüglich der Versprechen einer akzeptablen Qualität der Dienste im Zentrum nichts getan; die haben sich vielmehr durch die Überbelegung, die durch die Einweisung von neuen Gästen aus den Feldlagern von „Pian del Lago 2“ geschaffen wurde, geradewegs verschlechtert.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Leistungsumfang und die Dienste, die in der Übereinkunft mit der Präfektur vorgesehen sind, folgende sind: Hilfe für die Person (Verpflegung, Unterkunft, Versorgung mit persönlicher Habe, maßgebende Informationsschreiben, Gesundheitshilfe, psycho-soziale Hilfe, sprachlich-kulturelle Vermittlung), die Gastronomie und die Umwelthygiene, die Instandhaltung der Einrichtung und der Anlagen, ist es nicht leicht zu verstehen, in welche anderen Dienste die Geldmittel investiert worden sind, die von der verwaltende Firma wahrgenommen werden!

Dabei ist die Nachricht der vergangenen Wochen der Sieg von Dom(in)us Caritas (Mehrheitsgesellschafter der RTI, gebildet für die Ausschreibung der Verwaltung des Lagers Pian del Lago) in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Palermo gegen die Präfektur von Caltanissetta (und den Innenminister), die, nachdem sie ihr (DC) zu einem früheren Zeitpunkt den Auftrag zuerkannt hatte, weil die wirtschaftlich Günstigste, diese Entscheidung in Folge der Feststellung, dass die vorgeschriebenen Voraussetzungen allgemeiner Ordnung fehlten, annulliert und ab 1.Oktober 2013 die Verwaltung der Gesellschaft Auxilium anvertraut hat (nach einer Aussetzung der vorhergehenden Körperschaft, der Kooperative Albatros).

Diese Angelegenheit macht das Ausmaß der wirtschaftlichen Interessen deutlich, die in der dreijährigen Verwaltung eines staatlichen Lagers im Spiel sind, die sich im Fall des CARA von Caltanissetta auf 18.133.200,00€ belaufen, außer weiteren 6.225,00€ für Kosten der Sicherheit, die nicht dem Preisabschlag unterliegen.

Giovanna Vaccaro

Redaktion Borderline Sizilien

Aus dem Italienischen von Rainer Grüber