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Samstag, 12. Oktober 2013

"Wir machen unser Mittelmeer zum Friedhof"

süddeutsche.de - Maltas Premier Muscat fühlt sich von der EU im Stich gelassen. Er fragt verbittert: "Wie viele müssen sterben, bevor etwas geschieht?" Beim zweiten Flüchtlingsunglück vor Lampedusa innerhalb einer Woche kamen mindestens 34 Menschen ums Leben.

Malta hat die EU nach dem zweiten Bootsunglück vor Lampedusa nach einer Woche wegen der Flüchtlingstragödie vor Lampedusa zum Handeln aufgerufen. Malta fühle sich von der EU "im Stich gelassen", sagte Ministerpräsident Joseph Muscat am Samstag in einem BBC-Interview.

Inmitten der Debatte um Konsequenzen aus der Bootskatastrophe vor Lampedusa sind erneut Dutzende Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Mindestens 27 Schiffbrüchige kamen ums Leben, als ihr überfülltes Boot mehr als 110 Kilometer vor der Insel kenterte, wie die maltesische Regierung mitteilte. Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete von 34 Toten, darunter zehn Kinder.

Etwa 150 Schiffbrüchige seien von einem maltesischen Schiff aufgenommen worden. Die italienische Küstenwache zog ihrerseits etwa 50 Flüchtlinge aus dem Wasser und schickte wie die maltesische Seite mehrere Boote und Helikopter zur Unglücksstelle, die fast schon in libyschen Gewässern liegt.

Sein Land werde auf eine Änderung der Einwanderungsbestimmungen für Nahost-Länder drängen, so Muscat. "Bisher hören wir von der EU nur leere Worte", sagte der Premier, dessen Land direkt von der Flüchtlingskrise betroffen ist. 22 Leichen wurden nach Lampedusa gebracht, vier weitere Tote seien auf dem Weg nach Malta, meldete Ansa. "Ich weiß nicht, wie viele Menschen noch sterben müssen, bevor etwas geschieht. Wie die Dinge im Moment stehen, machen wir unser eigenes Mittelmeer zum Friedhof."

Ein überlebender Vater erzählte dem italienischen Journalisten Fabrizio Gatti, dass er nach dem Unglück auf dem Rücken schwamm und sich seine kleine Tochter auf den Bauch setzte. Sein anderes Kind konnte er jedoch nicht mehr retten. "Mein Kind ist mir aus den Händen gerutscht und ertrunken", zitiert ihn Gatti in seinem Blog.

Nach Angaben der maltesischen Marine war das Schiff in stürmischer See gekentert, als sich die Flüchtlinge an einem Ende des Bootes versammelten, um ein Militärflugzeug auf sich aufmerksam zu machen. Per Satellitentelefon konnten sie einen Notruf absetzen. Die nächtlichen Rettungsarbeiten wurden jedoch durch starke Winde erschwert, wie ein Marinesprecher erklärte.