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Donnerstag, 8. August 2013

Das CARA von Mineo: Immer überfüllter Schauplatz von Gewalt

Während die Landungen andauern und die Menschen weiter auf dem Meer sterben, und während die Zentren Siziliens platzen, füllen sich die Seiten der Regionalzeitungen mit Nachrichten, die von gewaltätigen Vorkommnissen im CARA von Mineo erzählen und die Migranten als Protagonisten sehen.
Das, was wir aus der Lokalzeitung entnehmen können, ist das es am 30 Juli im Inneren der Struktur eine Streitigkeit zwischen einem Landsmann ghanaischer Herkunft und einer Frau nigerianischer Herkunft gegeben haben soll, die dann am Tag danach zu einer Schlägerei geführt habe, bei der der Ehemann der jungen Nigerianerin zu Schaden gekommen ist und wegen eines Hirntraumas in das Krankenhaus Cannizzaro in Catania gebracht wurde.

Weiter entnehmen wir der Lokalzeitung, dass ein Landsmann ghanaischer Herkunft sofort nach Erreichen seiner Volljährigkeit wegen des Tatverdachts auf Mord festgenommen wurde und in der Struktur um Caltagirone unter Arrest steht. Weiter in diesem Fall, bei dem es sich um eine größere Gruppe von Migranten handelte (ca. 9 Farbige, die an der Schlägerei beteiligt waren) soll auch ein weiterer 27jähriger, ghanaischer Mann festgenommen worden sein und sich im Krankenhaus von Caltagirone befinden, wo er in Folge des Zusammenstoßes eingeliefert worden war. Gemeinsam mit ihnen sollen sich 7 weitere Ghanaher und ein Nigerianer als Beschuldige herausgestellt haben.

Vor allem anderen bestätigt das Vorfallen solcher Dinge innerhalb des CARA von Mineo, dass ein Zentrum mit einer doppelten Belegung in Bezug zu der realen Kapazität der Struktur (3500 registrierte Insassen – ohne die nicht-Registrierten zu zählen – bei maximal 2000 Plätzen …) unter diesen Umständen absolut kein Ort der Aufnahme ist, sondern eine tickende Zeitbombe, die jeden Moment explodieren könnte.

Aber jenseits all der Kritik, die von Beginn an von mehreren Seiten in Bezug auf die Megastruktur aufkam, das was zum hundertsten Mal anzuprangern nötig ist, ist die absolute Oberflächlichkeit der Zeitung im Umgang mit dieser Art von Nachrichten.

Die Veröffentlichung der Namen der Beschuldigten, die in diesem Fall Asylsuchende sind und noch nicht juristisch schuldig gesprochen, und ihrer Fotos, ist bereits zur Gewohnheit vieler Zeitungen geworden und beschädigt so das Recht auf Unschuldsvermutung. Wenn die Beschuldigten überhaupt in den Vorfall verwickelt sind, so sind sie immer noch nicht schuldig gesprochen und zählen weiterhin in die Kategorie Verletzlicher. Auch wenn das von vielen Journalisten ignoriert wird, gibt es eine Charta von Rom, die den Zweck hat die Sicherheit von Asylsuchenden zu gewährleisten, bei denen es sich um Personen auf der Flucht aus dem eigenen Land handelt. Somit könnte es durch die Verbreitung ihrer Namen und Fotos zu schwerwiegenden Konsequenzen für sie selbst oder ihrer zu Hause gebliebenen Familien kommen. Der erschwerende Umstand des Risikos einer nicht kontrollierten Verbreitung betreffender Daten kann ferner noch das schüren, was ohnehin schon als ein schwer auflösbares Vorurteil gilt, welches in der Wirklichkeit vor Ort, zu Schaden der Migranten alltäglich ist, nämlich dass sie immer mehr kriminalisiert werden.

Außerdem wurde am darauf folgenden Tag bezüglich des gewaltsamen Vorfalls innerhalb des CARA, ein Bericht von der COISP (Koordination für die gewerkschaftliche Unabhängigkeit der Polizeikräfte) verbreitet, in dem die ernste Gefahr, sowohl für das Leben der Arbeiter als auch für das Leben der Untergebrachten, angeklagt wird. Mit dieser Begründung fordert man von den Institutionen eine größere Aufmerksamkeit in Konfrontation mit dem CARA und einen noch höheren Etat für die Ordnungskräfte:
http://catania.livesicilia.it/2013/08/02/cara-di-mineo-ancora-violenza-la-denuncia-del-coisp_253612/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+Catania-LiveSicilia+%28Live+Sicilia+Catania%29

In Bezug darauf, muss man unterstreichen, dass die Lösung gegen Gewalt im Inneren des CARA nicht die Erhöhung der Ordnungskräfte und eine Militarisierung der Zentren, die Asylbewerber beherbergen, sein kann. Das Problem besteht in einem falschen Modell der Aufnahme, welches sich durch Ghettobildung, Isolierung und Gigantismus charaktersiert. In Anbetracht der bereits zugesagten und bestehenden guten Praxis, die das einzige Modell für eine menschenwürdige Aufnahme der Asylbewerber zu seien scheint, weit verbreitet und auf dem Gebiet integriert und so ein für alle Mal ausgeschaltet von der Logik des Notstandes.

Redaktion Borderline Sicilia

Aus dem Italienischen von Viktoria Langer