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Freitag, 9. November 2012

Mehr Flüchtlinge, mehr Mauern: Netzwerk Migreurop veröffentlichte seinen zweiten Migrationsatlas

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Foto: dpa/Francesco Malavolta
Von Susanne Götze, Neues Deutschland - In Zeiten der Globalisierung gibt es weltweit mehr Hochsicherheitsanlagen an den Grenzen als je zuvor. Die Organisation Migreurop dokumentiert in ihrem neuen Migrationsatlas die Wege von Menschen auf der Flucht und die Asylpolitik der EU. Die meisten Flüchtlinge versuchen weiterhin, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Die libyschen Passagiere dieses Bootes haben es auf die italienische Insel Lampedusa geschafft.
Khan ist kein Einzelfall. Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Jahrelang irren sie durch verschiedene Länder oder bleiben in Asylheimen eingeschlossen. Das Netzwerk Migreurop stellte gestern in Paris seinen zweiten Migrationsatlas vor, der die internationalen Bewegungen von Menschen auf der Flucht dokumentiert. Kein einfaches Unterfangen, meint der Koautor des Migrantenatlas Olivier Clochard, denn viele Zahlen gebe es noch gar nicht oder sie seien sehr ungenau. Wie viele Menschen wirklich jedes Jahr an den Grenzen sterben, sei schwer zu ermitteln. Auch die Zahl der Menschen in Asylbewerberheimen, würde von vielen EU-Staaten im Dunkeln gehalten.

Migreurop hat als Dachorganisation aller europäischen Flüchtlingsorganisationen versucht, die vorhandenen Daten der verschiedenen Länder zusammenzutragen. Allein 2011 seien geschätzte 2000 Menschen auf dem Weg ins vermeintliche Paradies zu Tode gekommen. Die meisten Flüchtlinge versuchen immer noch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Etwa 6000 Menschen haben letztes Jahr laut der Organisation versucht, mit Booten illegal von Nordafrika nach Sizilien, Malta oder Lampedusa zu kommen. Dieser neue Höchststand wurde durch die Flüchtlinge der »arabischen Revolutionen« erreicht, darunter viele Bürgerkriegsflüchtlinge aus Libyen. Immer mehr Menschen - im vergangenen Jahr fast 2500 - probieren auch, über Marokko nach Gibraltar zu gelangen, obwohl die Grenze der spanischen Enklave Melilla als eine der am besten gesicherten in der EU gilt. Seit 2007 nutzen zudem immer mehr Flüchtlinge den Landweg über die Türkei nach Griechenland. Deshalb hat die Regierung in Athen auch begonnen, an der türkischen Grenze eine Sperranlage zu bauen.

Doch nicht nur in Europa, sondern weltweit gibt es immer mehr Mauern und Hochsicherheitsanlagen. Migreurop hat seit 1945 die Mauern und Grenzanlagen gezählt, die aufgrund von Migrantenströmen, Anti-Terror-Maßnahmen, aus ökonomischen oder Konfliktgründen gebaut wurden. Mit fast 50 Anlagen schreibt diese Statistik heute ebenfalls einen traurigen Rekord. Dazu zählen nicht nur bekannte Hochsicherheitsgrenzen wie die zwischen Nord- und Südkorea, zwischen den USA und Mexiko oder der Mauerbau in Israel, sondern auch weniger bekannte neue Anlagen an den Grenzen Indiens und Saudi-Arabiens. Die saudi-arabische Regierung baute seit den Anschlägen von New York gleich sechs riesige Sicherheitsanlagen gegen illegale Einwander und potenzielle Terroristen. 

»Wir sprechen immer noch von einer weitreichenden ökonomischen und finanziellen Globalisierung, aber die Realität ist, dass es immer mehr reale Abschottung in Form von Betonanlagen und Hochsicherheitswällen gibt«, beklagt Migreurop-Vertreter Clochard. Ein weiterer Mythos sei, dass Europa die Nummer eins bei der Aufnahme von Flüchtlingen sei. Wirtschaftlich schwächere Länder wie Pakistan, Iran und Syrien hätten jedoch im Vergleich dazu viel mehr Menschen aufgenommen.