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Donnerstag, 20. Oktober 2011

Wir nehmen die Mobilisierung für die Rechte der Migranten des megaCara von Mineo wieder auf

Seit über einem Monat warten sie auf den Wechsel der Leitung des Aufnahmezentrums – ab dem 01. September sollte “Sisifo”, das zum consorzio di cooperative sociali(Genossenschaft von sozialen Kooperativen), gehört und die Ausschreibung vergangenen August gewann, in die Verwaltung einsteigen. Aber erst seit einigen Tagen beginnt der Wechsel (bis jetzt haben die täglichen Kosten der Küche dem Roten Kreuz 17.000 Euro eingebracht, fast 10 Euro pro Migrant, wobei die Versorgung qualitativ sehr schlecht ist). Die mächtige „rote“ Genossenschaft verbucht dank dem Angebot eines breitgefächerten Betreuungsangebotes zu Gunsten von behinderten Menschen, Kindern und Jugendlichen, Alten und Drogenabhängigen, das sie an die Region Sizilien und die lokalen Behörden gemacht hat, Umsätze in Millionenhöhe. Hoffen wir, dass der Wechsel der Verwaltung für die Migranten nicht bedeutet, vom Regen in die Traufe zu kommen. Die Probleme, die wir seit Monaten anklagen, bestehen inzwischen weiter und verschlimmern sich:
Die Asylsuchenden haben nach den Verordnungen für die CARA (Aufnahmezentren für Asylsuchende) das Recht, alle zwei Tage zusätzlich zu Telefonkarten, Internetanschluss und Zigaretten fünf Euro zu erhalten – im megaCara von Mineo haben sie von Anfang an, seit März, nichts davon gesehen. Die Not ist aber größer geworden. Wir werden sehen, ob das Problem mit der neuen Leitung gelöst wird, auch insofern, als dass den Migranten rückwirkend das Geld ausgezahlt wird, so wie es rechtmäßig wäre. Es wäre nach all der Verschwendung öffentlicher Gelder beschämend, würde man ausgerechnet auf Kosten der Migranten sparen wollen. Des weiteren sind Fälle bekannt geworden, in denen Migranten viele Wochen lang die vereinbarte Aufenthaltserlaubnis nicht erhalten konnten, weil ihnen die benötigten 110 Euro nicht zur Verfügung standen. 

Die Nutzung der Busverbindung nach Mineo mit den Bussen der Firma Simili kostete die Migranten zwei Euro (Hin- und Rückfahrt), aber die Mehrheit von ihnen war aufgrund fehlenden Geldes gezwungen, den Weg nach Mineo zu Fuß zurückzulegen (20 km Hin- und Rückweg). Einige Wochen lang gab es nur einen Bus mit 50 Sitzplätzen, sodass auch viele Migranten, die ihn benutzen wollten, den Weg zu Fuß zurücklegen mussten (in Mineo befinden sich über 1800 Asylsuchende); seit zwei Wochen gibt es überhaupt keine Busverbindung mehr.

Bei der Bearbeitung der Asylanträge durch die Kommissionen wird nur ein sehr schlechter Übersetzungsdienst bereitgestellt; die Absagen geschehen in oberflächlicher Weise. Die Reihenfolge der Ankunft wurde nie berücksichtigt. In den letzten Wochen sind einige der Asylsuchenden sogar in die Lombardei verlegt worden.

Während die neue Verwaltung ihre Arbeit aufnimmt und dabei von Herrn Castiglione (Präsident der Provinz) als Beispiel für Effizienz und Transparenz gelobt wird, beginnt die kalte Jahreszeit, und entsprechende Kleidung ist für die Migranten immer noch nicht vorgesehen. 

Seit Monaten klagen wir an, dass sich diese Zustände im megaCara von Mineo durch die unmenschliche Regierungspolitik verschärfen, anstatt den Notstand zu verhindern. Während man den Asylsuchenden seit Monaten das bisschen Geld vorenthält, dass der Gesetzgeber für sie vorsieht, benutzen andere die Proteste unter den Bauern, um einen Alarmzustand zu schaffen, der auch auf die Lokalverwaltung übergreift.

Der Kreis schließt sich mit der Gleichgültigkeit der Medien angesichts der täglichen Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Migranten. Eine Kommunikation mit den Migranten oder den Unterstützerorganisationen wird nicht einmal angestrebt. Seit März haben wir unzählige Initiativen vorangetrieben (rechtliche Unterstützung, Verteilung von Wörterbüchern und Kleidung, Konzerte, interkulturelle Begegnungen und seit Juli medizinische Betreuung durch die Ärzte von LILA, der Anti-Aids-Liga), die aber fast nie die Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen konnten.

Als Rete Antirazzista Catanese (Antirassistisches Netzwerk von Catania) haben wir wir gemeinsam mit anderen Unterstützern vom Beginn dieser kostspieligen und klüngelhaften Abenteuer an gesagt, dass eine wirkliche Aufnahme (und das ist sicher nicht die derzeitige mit ihren sturzflutartigen Finanzierungen an neugeborene Vereine) nicht durch ein Aufnahmezentrum geschehen kann, das sich weit weg von bewohnten Orten befindet. Vielmehr müsste die Zahl der SPRAR-Projekte (Projekte der komunalen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden) in den Orten der Umgebung und in ganz Sizilien erhöht werden, wodurch mit deutlich geringeren Kosten eine wirkliche soziale Integration möglich wäre, so, wie es beispielsweise seit Jahren in Riace und einigen Dörfern der Locride passiert. Die Regierung bevorzugt jedoch pseudohumanitäre Organisationen, deren wiederholter Betrug im Business des Wegsperrens / der "Aufnahme" immer offensichtlicher wird.

In diesen Monaten waren es die Migranten (die 37 Nationalitäten angehören), die die Unfähigkeit und die Unmöglichkeit, solch ein megaCara zu verwalten, zu spüren bekommen haben. Die Spannungen wurden verschärft, um danach gewaltsam gegen Aufruhr vorzugehen, womit beträchtliche Mengen an öffentlichen Gelder verschwendet wurden, während die Ausgaben für Soziales (Schule, Gesundheitsversorgung,…) reduziert werden. 

Samstag 22. Oktober
ab 17.00h auf dem Platz vor dem CARA von Mineo
Interethnische Begegnung
(auch ein Wagen der Ärzte von LILA wird anwesend sein)
 
Antirassistisches Netzwerk Catania
aus dem Italienischen von Maria Döbert