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Donnerstag, 30. Juni 2011

Situation der Minderjährigen immer schlechter

Die Situation der unbegleiteten Minderjährigen, welche seit über 40 Tagen verlassen wurden, ohne dass die zuständigen Behörden die vom Gesetzgeber erlassenen Vorschriften in Bezug auf Unterbringung als auch bezüglich juristischen Beistands oder der Ernennung von Betreuern umgesetzt hätten, wird in allen Aufnahme- oder Transitlagern Siziliens immer brisanter.
Einige Einrichtungen, wie die ehemalige Funknavigationsbasis LORAN auf Lampedusa, sind tatsächlich zu Unterbringungseinrichtungen auf unbestimmte Zeit unmfunktioniert worden. Die unbegleiteten Minderjährigen, die illegal im CPSA in der Contrada Imbriciola festgehalten werden und anscheinend noch nicht identifiziert worden sind, sind heute auf das Dach der Einrichtung gestiegen, wobei es zu Auseinandersetzungen mit den Ordnungskräften kam. Wie es scheint, sind auch Spezialkräfte zur Niederschlagung öffentlichen Aufruhrs eingetroffen, um die Jugendlichen dazu zu bewegen vom Dach der ihnen zugewiesenen Unterbringung herabzusteigen. Auf Lampedusa sind in den letzten 24 Stunden mehr als 1000 Flüchtlinge angekommen, teilweise auch Tunesier, darunter viele Frauen und unbegleitete Minderjährige. Die Aufhebung des Weiterleitungssystems, das der Protezione  Civile untersteht und für die unbegleiteten Minderjährigen dem zuständigen Kommissar Forlani, macht eine bereits gefährliche Situation zu einer regelrecht explosiven. Das Schweigen derjenigen, die nicht anzeigen was sie sehen, reicht nicht mehr aus, um die schwerwiegenden Verantwortungsverfehlungen der Regierung zu übertünchen. Wir verlangen Aufklärung über den “Epilepsiemord” eines Flüchtlings auf einem Schiff, das ihn von Lampedusa in ein Lager nach Apulien bringen sollte. Wir verlangen Klarheit über das Schicksal und die juristische Situation der 40 Flüchtlinge, die seit Wochen auf Pantelleria in der Carabinieri Kaserne “Barone” festgehalten werden. Wir verlangen Aufklärung über das Schicksal der zahlreichen unbegleiteten Minderjährigen, in der Lagerhalle “Hangar” im Hafenareal von Porto Empedocle, einem zur Sommerzeit unlebenswerten Ort, wo sie mit jenen Menschen eingeschlossen sind, die schon längst in eine jener immaginären “Centri Ponte”, überstellt werden hätten sollen. Jene “Centri Ponte”, ausgedacht mit den letzten Anweisungen der Protezione Civile, die schon längst vom zuständigen Kommissar für die Jugendlichen Forlani und dem Komitee für minderjährige Ausländer, benannt und in Betrieb genommen werden hätten sollen. Diese Situation kreiert zu haben, in der Ende Juni, am Vorabend der Saison in der noch Tausende von Landungen mit Hunderten von Frauen und unbegleiteten Kindern anstehen, ist die Konsequenz einer unverantwortlichen Vorstellung, in der die Menschenrechte, auch die der Verletzlichsten, auf eine Frage des Öffentlichen Rechts reduziert werden, welche nur mit Mauern, Stacheldraht und Schlagstöcken gelöst werden könne. Wir fordern nochmals die zuständigen Schutzbehörden auf, die Situation anzuzeigen und die Ergreifung unmittelbarerer Maßnahmen anzuregen um ein dezentralisiertes, nationales Unterbringungssystem einzuleiten. Ebenso fordern wir die sofortige Anerkennung der Rechte der unbegleiteten Minderjährigen, um sie in betreuten Heimen unterbringen zu können. Außerdem die psychologische Betreuung schwangerer Frauen und Folteropfer, die Garantie eines unmittelbaren Zugangs zum Asylantragsverfahren, womit Ausreden wie die Verspätung der Formalisierung auf Genehmigung eines Asylplatzes hinfällig würden. Auf diese Weise ist es nämlich möglich, dass die Questura zunächst die Verfügung über die Abschiebung – bzw. Festnahme erlässt und somit viele Antragssteller in den behördlichen Freiheitsentzug der CIE ( Zentrum zur Identifikation und Abschiebung) zwingt, was im Gegensatz zum Europäischen Recht und der Verfügung 25 aus dem Jahr 2008 steht, welche EU Recht in Italien umsetzt. Wir fordern von allen Bürgern die höchste Aufmerksamkeit, auf Pantelleria wie in Porto Empedocle, auf Lampedusa wie auf Pozzallo über die Trägodien der Vernachlässigung, die unter aller Augen stattfinden und die niemanden gleichgültig lassen können. Wir verlangen letztendlich, dass die zuständigen Kontrollorgane Untersuchungen und Inspektionen fördern, welche die Einhaltung der Gesetze und den effektiven Schutz der verletzlichsten Personen gewährleisten.

Fulvio Vassallo Paleologo, Universität von Palermo