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Donnerstag, 6. Oktober 2016

Ausschiffungen und erkennungsdienstliche Maßnahmen „Das Verfahren missachtet menschliche Bedürfnisse“

Quelle: Redattoresociale.it

Immer länger dauernde Ausschiffungen bedeuten mehr Stress und Mühen für die Migrant*innen und rauben Zeit für andere Rettungsaktionen. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ mahnt, dass das Problem systemimmanent ist und favorisiert viel schnellere Landungen.



PALERMO – Die Ladevorgänge dauern zu lange und beanspruchen die Kraft und die Stressresilienz der Migrant*innen mehr als nötig. Das ist das Ergebnis des neuen Verfahrens der erkennungsdienstlichen Maßnahmen in vielen Häfen Siziliens, in denen die Hotspots schon überquellen. Statt die ankommenden Geflüchteten gesammelt zum Hotspot zu bringen, werden sie einzeln ins Polizeipräsidium verbracht. Für diejenigen, die zurückbleiben, verdoppeln und verdreifachen sich die Wartezeiten. Diese müssen die Geflüchteten dann auf dem Schiff, mit dem sie angekommen sind, verbringen. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen klagt diese Zustände an. Am Morgen des Vortages seien beispielsweise 1020 Migrant*innen an Bord des Schiffes „Bourbon Argos“ angekommen. Sie kommen aus dem Süden des afrikanischen Kontinents. Es sind Männer in Überzahl, 161 Frauen und 15 Minderjährige. 200 von ihnen haben den gesamten Tag, die Nacht und auch den nächsten Morgen auf dem Schiff im Hafen verbracht, bevor sie zur Identifizierung geschickt werden konnten. Ohne jeglichen Schutz mussten sie draußen übernachten

“Die Ärzte ohne Grenzen sehen als Menschenrechtsorganisation sehr besorgt auf die Umstände im Hafen von Palermo, aber auch in anderen sizilianischen Städten Siziliens, in denen ebenso verfahren wird. Dieses Verfahren missachtet menschliche Bedürfnisse. Wenn nur kleine Gruppen von 50 Mann einzeln zur Identifizierung verbracht werden, anstatt alle Ankommenden im Hotspot zu empfangen, verlängert das entschieden den gesamten Landevorgang. Für die 1000 Migrant*innen hat die Wartezeit anderthalb Tage betragen. Das ist nicht das Problem der Provinzen, sondern es ist ein europäisches. Wir können dieses Verfahren nicht gutheißen, weil es die Geflüchteten noch weiter entkräftet als bereits auf der Überfahrt geschehen,“ sagt Giorgia Girometti von Ärzte ohne Grenzen.

„Die Schiffe sind vollkommen überladen, nehmen statt den zulässigen 600 Passagieren 1000 an. Unter diesen Umständen sollte die Rettung und das Anlegen viel schneller laufen, um die prekäre gesundheitliche Lage der Migrant*innen nicht weiter zu verschlimmern. Manche erhalten bereits an Bord ihres Schiffs eine erste medizinische Hilfe,“ fährt die Ehrenamtliche fort, „jedoch genügt dies in Anbetracht ihres Gesundheitszustands nicht. Wir sprechen hier von Menschen, die nichts sehnlicher erwarten als endlich Land unter ihren Füßen. Sie sind meistens körperlich vollkommen erschöpft. Man muss für sie eine sichere und ruhige Atmosphäre schaffen. Sie haben das Recht, nach so vielen Stunden auf dem Wasser angemessen empfangen und unterstützt zu werden, die Identifizierungsmaßnahmen die Wahrnehmung dieses Rechts nicht blockieren.
Wir geben außerdem zu Bedenken, dass, wenn wir 48 Stunden mit Migrant*innen im Hafen liegen, wir danach noch weitere 12 Stunden brauchen um das Schiff wieder klar zu machen. Das alles ist geraubte Zeit in der wir an anderen Rettungsaktionen im Mittelmeer teilnehmen könnten. Wir distanzieren uns von solch einem organisatorischer Modell, dass wir, gerade wegen der schwerwiegenden, praktischen Konsequenzen die es nach sich zieht, ablehnen.

Übersetzung aus dem Italienischen von Alma Maggiore