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Donnerstag, 2. Juli 2015

Was für Aufnahmebedingungen warten auf die Flüchtlingen nach der Ausschiffung im Hafen von Catania?

Am Dienstag, dem 30.6, ist das norwegisches Schiff SIEM PILOT (Teil der Operation TRITON)  angekommen, das 419 Flüchtlinge am Hafenplatz 11 von Hafen in Catania gebracht hat. Die Passagiere kamen aus Nigeria, Ghana, Eritrea, Senegal, Sudan, Elfenbeinküste und Bangladesch. Wie auch bei anderen Anlandungen zuvor, waren viele Medien und humanitären Organisationen vor Ort, die aber in den folgenden Phasen keine Präsenz mehr zeigen.

Hinter dem Alibi des „Kollapses“ des Aufnahmesystems aufgrund des „Flüchtlingsstroms“ (bis jetzt sind ungefähr genauso viele Menschen angekommen wie letztes Jahr), passiert die Flüchtlingsausteilung in einer zu kritisierenden Art und Weise. Die Entscheidung des Innenministers Alfano gilt nicht mehr: Er wolle, dass das Zentrum Cara von Mineo das Monopol der Erstaufnahme hatte. Dies ist aber aufgrund der Verbindung mit Mafia Capitale gescheitert. Die Flüchtlinge der vorherigen Anlandungen wurden in unterschiedlichen Zentren aufgeteilt, unter denen noch immer das Cara von Mineo, von wo viele fliehen.

Von den 419 zuletzt angekommenen Flüchtlingen wurden circa 70 nach Messina und 120 mit einem rumänischen Bus in die Lombardei gebracht (ohne Möglichkeit sich auszuruhen). Die übrigen Personen wurden am 30.6 in Pala Spedini versetzt, wo sie bisher in unmenschlichen Umständen leben. Obgleich die Kommunalverwaltung von Catania das Treffen von „presidio leggero“ mit vielen Freiwilligenorganisationen veranstaltete, ist keine von ihnen in Pala Spedini aufgetaucht. Am Mittwoch wurden wir von einem Beamter von Polizeipräsidium in Catania angewiesen uns vom Zentrum fernzuhalten, da wir ihre Arbeit behindert würden. Gestern wurde uns versichert, dass die Flüchtlinge am Abend versetzt werden würden. Heute Nachmittag, nach drei Tagen finden wir in Pala Spedini eine dramatische Situation vor: von 220 Leuten sind 27 Minderjährig (davon 4 Mädchen), es befinden sich dort drei schwangere Frauen und es wurden 20 Fälle von Krätze diagnostiziert. Dazu hat ein 25 junger Nigerianer ein Auge verloren und die Schulter gebrochen (das Krankenhaus hat ihn sofort entlassen und ihm keine Patientenakte mitgegeben); viele sind barfuß und fast alle tragen noch die Klamotten der Reise. Abgesehen vom Zivilschutzes (Protezione civile), fehlt von anderen Organisationen jede Spur.

Wo sind die Medien? Bei der Ausschiffung wird versucht, die „zuständigen“ Behörden und die Armee, die – wenn sie nicht in fatalen militärischen Operationen involviert ist - Leben rettet, zu interviewen.

Auch wenn unser Aufenthalt von einigen Polizeibeamten nicht akzeptiert ist, haben wir heute zusammen mit wenigen anderen Freiwilligen von anderen Organisationen Schuhe, kleine Wörterbücher, Hosen, Creme gegen Krätzen und Seife verteilt. Leider reichen sie nicht für alle aus, aber wenn es uns zugelassen wurde, diese Sache vorher zu sammeln, hätte sich die Solidarität „von unten“ in diesen letzten Tagen konkreter ausdrücken können.

Antirassistisches Netzwerk Catania

Aus dem Italienischen von Miriam Burbarelli