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Dienstag, 22. Juli 2014

Überlebende Schiffbrüchige: Überfülltes Boot, 180 Menschen starben

Auf der Website der Repubblica wurde ein Video veröffentlicht, das die ersten Rettungsaktionen zeigt. Am Samstag wurde bekannt gegeben, es handle sich um lediglich 30 Tote. Die Erzählungen der Überlebenden enthüllen jedoch die Horrorszenarien der letzten Stunden an Bord des Bootes: Einige seien mit Messern und Stöcken umgebracht wurden.
Repubblica.it: Die Bilanz der Toten ist dramatisch: 30 Migranten, darunter ein erst einjähriges Kind, starben während der Überfahrt nach Lampedusa, nur 65 Meilen von der Insel entfernt. Viele waren im sinkenden Schiffsraum eingeschlossen, viele erstochen oder verletzt von ihren Mitreisenden. Nun ergibt sich durch die Erzählungen der Überlebenden eine womöglich noch viel dramatischere Realität: „Auf diesem Schiff waren 750 Menschen untergebracht, wir haben nur 569 retten können, während die anderen 181 von uns gestorben sind, viele davon sind ertrunken als wir uns dem dänischen Handelsschiff Torm Lotte näherten, dessen Besatzung versuchte, uns zu helfen. Unter den Ertrunkenen waren viele Kinder.“
Das ist also die neue, tragische Bilanz des letzten Massakers in der Straße von Sizilien, die uns nur durch die Erzählungen der geflüchteten Syrer, Pakistani, Nigerianer und Ghanaer überhaupt bekannt wird. „Viele der im Schiffsraum gefundenen, waren Illegalisierte, die von den, sich auf dem Deck Befindlichen mit Messern und Stöcken im Kampf ums Überleben zurück gedrängt wurden, weil der Platzmangel es ihnen versagte, sich an das Schiffsdeck zu begeben. Jeder Zentimeter war besetzt, wir waren zusammengepfercht wie Bestien, einer über dem anderen, dazwischen viele Kinder wie mein einjähriger Sohn Mohammed.“ Das erzählt ein 40-jähriger Syrer, während er seine Frau im Arm hält, die nicht mehr weinen kann und die einfach nur weit weg möchte.

VIDEO des Schiffbruchs von den Überlebenden gedreht

Die Leiche von Mohammed trieb im Meer, bis sie von den Seeleuten des Handelsschiffes geborgen werden konnte. Die leblosen Körper anderer Säuglinge und Kinder hatten weniger Glück und bleiben auf immer im Meer verschollen. Auf den Videos, die von einigen überlebenden Syrern gemacht wurden, sieht man ein anderes Kind, das gerade ins Wasser fällt und dabei seine Schwimmweste verliert und sofort von den Wellen verschluckt wird.
Die Eltern von Mohammed sind vollkommen ausgebrannt, körperlich und emotional. Als sie in die Pascoli Schule in Messina kommen, in der derzeit Hunderte von Verzweifelten untergerbacht sind, umgehen sie jede Kontrolle und machen sich wieder auf den Weg: „Wo ist der Bahnhof?“, fragen sie, „Wir wollen fort von hier. Wir sind aus Syrien geflüchtet, nicht für uns, sondern hauptsächlich, um unserem Sohn Mohammed eine Zukunft zu ermöglichen. Aber alles war umsonst. Mohammed ist nicht mehr da. Aber wir wollen versuchen, uns ein anderes Leben aufzubauen, trotz all dem, was passiert ist.“ Und so steigen sie an Bord der Fähre, die sie von Messina nach Kalabrien bringt, um daraufhin direkt mit dem Zug nach Norditalien zu fahren. Von dort wollen sie weiter nach Schweden, wo sie Verwandte haben.

Aber die Blutbäder gehen weiter. Erst gestern ist ein mit 61 Migranten beladenes Schlauchboot von der italienischen Marine gerettet wurden. Bisher konnten nur 5 Tote geborgen werden, aber die Überlebenden haben von mehr als 80 Passagieren an Bord des Bootes berichtet. 
Aus dem Italienischen von Luisa Schilling