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Montag, 15. Juli 2013

Anlandungen und Diskriminierung in Agrigento

In den letzten Jahren gab es in der Provinz Agrigento die meisten Anlandungen,  sei es an der eigenen Küsten oder auf den Inseln (Pantelleria, Linosa und vor allem Lampedusa).
In den letzten Jahren sind viele “Boote der Hoffnung” in diesem Gebiet angekommen, mit Tausenden von Migranten, die das agrigentinische Territorium (viele nur) für weniger Tage oder Monate durchqueren, um dann in andere Gegenden 'weiterzureisen', immer getrieben von der Hoffnung einen Ort zu finden, an dem sie die eigene Freiheit leben können. Laut den Daten der Ausländerbehörde Agrigentos (aktualisiert am 12.Juli 2013) sind 2013 von 48 Anlandungen auf Lampedusa (58 einschließlich der Anlandungen an der Küste der Provinz Agrigento) mehr als 5.000 Migranten allein auf Lampedusa angekommen.
Diese Migranten sind (fast) alle in das Erstauffangzentrum der Insel gebracht worden... “ Das System der Hilfe und der Aufnahme bleibt konstantem Druck ausgesetzt, ist aber imstande, eine Antwort auf das Phänomen zu geben.”. (Im Moment ist die Situation trotz der vorhandenen Probleme nicht wie  im Jahr 2011...).
In dem Verfahren sind auch vorläufige Verlegungen in das rechtlich nicht bestimmbare 'Notlager' von Porto Empedocle vorgesehen, was einen sehr kritischen Aspekt des ganzen Systems darstellt. In Anbetracht der Schwierigkeit neue Aufnahmeplätze für die Personen zu schaffen, die in dem Erstauffangzentrum Lampedusas nicht mehr untergebracht werden können, ist man manchmal gezwungen für einige Tage Einrichtungen wie in Porto Empedocle zu nutzen, was zu einer angespannten Situation und Unsicherheit sowohl beim Personal als auch bei den aufgenommenen Migranten führt. Agrigento ist nicht nur die Region mit den meisten Anlandungen, sondern auch die Region Siziliens mit den meisten finanzierten SPRAR-Projekten (93 von 2011 bis 2013) von insgesamt 1.458.000,00€.
Von den 93 SPRAR-Plätzen befinden sich 48 in der Stadt Agrigento (23 für besonders Schutzbedürftige – 25 allgemeine), während es weitere 45 Plätze innerhalb der Provinz gibt (Racalmuto – Favara – Santa Elisabetta).
Das Hauptproblem für die an den agrigentinischen Küsten angelandeten Migranten ist, dass sie nicht die Möglichkeit haben, sofort wo anders hin zu reisen (aus ökonomischen, bürokratischen, etc. Gründen) und so für ihren Unterhalt zu sorgen und Schutz zu finden.
Während sie auf ihre Dokumente warten, bleibt den Migranten nichts weiter übrig als den “saisonalen Landwirtschaftszyklen” zu folgen. Für diese saisonale Arbeiten müssen sie sich jedoch frei bewegen können, von Licata (Tomatenernte), Canicattì (Weintraubenernte), Ribera (Orangenernte), Bivona (Pfirsichernte). In einigen Fällen ist es wahrscheinlich, Migranten anzutreffen, die sich unerlaubt auf dem jeweiligen Territorium aufhalten oder mit besonderen bürokratischen Fragen in Bezug auf noch unbeantwortete Aufenthaltsgenehmigungen (Wohnsitz, verdecktes Einkommen, etc.) zu kämpfen haben. Dieses Phänomen betrifft Bürger verschiedener Nationalität: Marokkaner, Tunesier, Nigerianer, Senegalesen, Rumänen. Sie alle vereint das Problem des festen Wohnsitzes mit der Folge, dass die von dem Phänomen betroffenen Migranten, die von Feld zu Feld ziehen, gezwungen sind in baufälligen oder zufällig gefundenen Unterkünften zu nächtigen (in einigen Extremfällen schlafen sie auch auf der Straße).
Schlußendlich ist es eine Minderheit, die sich in der Stadt mit anderen Arten von Problemen niederlässt, von denen die wirtschaftliche Ausgrenzung die häufigste ist. Es handelt sich um eine Art interetnische Ausbeutung, die die Neuankömmlinge belastet, Migranten zwischen Migranten.
In der Tat existieren neue Arten der Ausbeutung, in der die Verhandlung zwischen den italienischen Bürgern  - seitens der schon lange in der Stadt ansässigen Ausländern -  von den Neuankömmlingen mit einem hohen Preis bezahlt wird. Sie verschulden sich wirtschaftlich oder moralisch bei den bereits seit langem ansässigen Migranten. Zum Beispiel müssen die Neuankömmlinge häufig so hohe Mieten zahlen, dass es nicht mehr reicht, die Wohnung auch auszustatten. Das bedeutet eine pure Ausbeutung für die Vertragnehmer.Oder aber sie müssen mit den Italienern verhandeln, um gefälschte Arbeitsverträge zu erhalten, damit sie ihre Aufenthaltserlaubnisse verlängern können. Diese Verträge müssen sie aber dem Vermittler bezahlen.
Parallel dazu bedienen sich die Italiener der Neuankömmlinge, um zulässige Gewinne zu machen, was ihnen sonst nicht möglich wäre. Es handelt sich um die Vermietung von Wohnungen, die in einer Stadt wie Agrigento, in der die Zahl der Wohnungen die Zahl der Einwohner übersteigt, unvermietbar wären.
Das Ergebnis ist eine wachsende Unduldsamkeit zwischen den (mehr oder weniger wissentlich) Ausgebeuteten  und eine Tendenz, gewisse Modelle selber anzuwenden, sobald eine vorherrschende Position gegenber den Anderen erreicht ist ….... der Krieg zwischen den Armen!!!

Wir danken Federico Spagnesi für die Zusammenarbeit.
Alberto Biondo für Borderline Sicilia

Aus dem Italienischen von Viktoria Langer