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Donnerstag, 21. Februar 2013

Abschiebungshaft Milo (Trapani): Der Horror geht weiter

Am 19. Februar 2013 besuchten einige Mitarbeiter-innen der Vereine borderline-europe und Borderline Sicilia ONLUS die Abschiebungshaft Milo in der Nähe der sizilianischen Stadt Trapani.
Sie haben dort eine besorgniserregende Situation vorgefunden, die vor allem den psychischen und physischen Bedingungen zuzuschreiben ist, in die die Migranten geraten, wenn sie in einem Identifizierungslager interniert werden. Das bedeutet, sie werden auf unbestimmte Zeit der Freiheit beraubt (bzw. dieser Zeitraum ist auf ein Maxismum von 18 Monaten festgelegt).

Die Lebensbedingungen der “Gäste” des CIE von Milo sind äußerst schwierig und inakzeptabel: viele Personen weisen zum Teil nicht behandelte Verletzungen auf, einzig Beruhigungsmittel und Aspirin werden gegeben. In der Einrichtung arbeitet nur ein einziger Arzt, der acht Stunden am Tag anwesend ist. Die anderen Ärzte hätten , so die Aussagen einiger Mitarbeiter, aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen gesammelt gekündigt. borderline-europe/Borderline Sicilia konnten durch die Aussagen der Mitarbeiter, der Polizeibeamten sowie derMigranten eine übermäßgige Ausgabe von Beruhigungsmitteln feststellen, die die “Gäste” ruhig stellen sollten. Diese beschwerten sich auch über die Müdigkeit nach den Mahlzeiten.
Das Essen sei von mangelhafter Qualität, der Reis ist roh und es der Salat sandig. Zum Frühstück gebe es ein Glas mit verwässerter Milch mit einem Stück Brot dazu. Die “Gäste” beschwerten sich über das Nicht-Funktionieren der medizinischen Versorgung, oftmals bringe man sie tagelang nicht in die Krankenstation, auch wenn sie über echte gesundheitliche Probleme klagten (es gibt einige Diabetiker sowie Personen mit starken Schwellungen und Blutergüssen in der Haft). Einige der Migranten berichteten von einem “Gast”, der vollständig auf die Pflege Dritter angewiesen sei, doch nicht das Personal, sondern die inhaftierten Migranten selber kümmerten sich um ihn.

Auch das Gespäch mit den Sozialarbeitern finde nur sporadisch statt, einige der Migranten berichteten, dass sie mehr als zwei Wochen auf ein solches Gespräch warten würden. Während des Rundgangs durch die Abschiebungshaftanstalt konnten sich die Mitarbeiter_innen von borderline-europe/Borderline Sicilia den Absperrungen nähern, hinter denen sich die Migranten sammelten. Sie wollten die Schlafräume besuchen, um dort Fotos zu machen, was ihnen trotz der schriftlichen Erlaubnis durch die Präfektur jedoch nicht gestattet wurde.
Das Gebäude weist trotz der erst kürzlichen Fertigstellung gravierende Schäden auf. Diese seien auch durch die Proteste der Migranten entstanden, die aus Verzweiflung über ihre Lage Akte der Gewalt gegen die Einrichtung, aber auch gegen sich selbst richteten. Zahlreiche Fälle der Selbstverletzung wurden von den Mitarbeitern und Arzt bestätigt, der ebenfalls dem Betreiber OASI untersteht (OASI betreibt derzeit auch die Abschiebungshafteinrichtungen in Modena und Bologna, zukünftig sollen sie auch die zweite in Trapani angesiedelte Abschiebungshaft Serraino Vulpitta nach deren Sanierung übernehmen).
Die Spannungen innerhalb des Zentrums spitzen sich auch durch die absolute Aktivlosigkeit, zu der die Migranten gezwungen sind, zu. Es ist keinerlei Beschäftigung vorgesehen, nicht einmal sportliche, und die inhaftierten Migranten dürfen auch nur sehr wenige Gegenstände bei sich in der Haft behalten. Sogar der Besitz von Büchern sei, so einige Migranten gegenüber borderline-europe/Borderline Sicilia, verboten, da man sie zum Entfachen eines Feuers nutzen könnte. Die Sozialarbeiter unterstützen diese Aussage, da es sich um ein Problem der öffentlichen Sicherheit handele, doch einige der Polizisten bestritten, dass es nur aufgrund der Wahrung der öffentlichen Sicherheit keine Freizeitbeschäftigung gebe, sondern führten an,es gebe einfach keine, da niemand sich darum kümmere.
Diese Spannungen haben oftmals zu Revolten und teils sehr gewalttätigen, repressiven Antworten durch die Sicherheitskräfte, die das Zentrum bewachen, geführt. borderline-europe/Borderline Sicilia konnte sich selbst von den Zeichen, die die Schläge hinterlassen haben, überzeugen.
Das Alles führt zu der Schlussfolgerung des besuchenden Teams, dass die Lebensumstände als mehr als schlecht zu bezeichnen sind. Dies betrifft auch die Mitarbeiter selbst, die seit zwei Monaten keinen Lohn mehr erhalten haben. Das wirkt sich natürlich nicht unwesentlich auf die schlechte Qualität der Dienstleistung gegenüber den Inhaftierten aus. Die Schweirigkeiten, die interne Situation in der Haft zu kontrollieren und den Migranten eine würdige Unterbringung zu garantieren sind offensichtlich und werden auch durch die Personen anerkannt, die täglich in dieser Abschiebungshaft arbeiten.
borderline-europe/Borderline Sicilia ONLUS, EACEA-Projekt 2012-2014 


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