Die ersten,
die in Betrieb genommen werden, sind die in Pozzallo und Lampedusa.
Arci*
meint: «In den "Hotspots" werden die Rechte der unrechtmäßig
Inhaftierten missachtet werden». CIR* kommentiert:
”Nach unserem Kampf gegen die Abschiebungshaftzentren finden wir uns mit einer
neuen Art der Inhaftierung konfrontiert”.
Redattore Sociale – Schnellere
Rückführungen, "Hotspots" in den Ankunftsländern um sofort zu
unterscheiden, wer Anrecht hat auf den internationalen Schutzstatus für
Flüchtlinge hat und wer nicht, eine Auflistung der "sicheren Rückführungsländer"
um die Asylanfragen zu reduzieren. Das ist die andere Seite der Medaille des
Junckerischen Planes zur Wiederansiedelung der 160000 Flüchtlinge in den
Ländern der europäischen Union. Bei der Einreise
in die europäischen Länder soll eine klare Auslese und Unterscheidung erfolgen
– das kritisieren die Menschenrechtsorganisationen, die sich seit jeher für den
Schutz der Migranten engagieren. Denn das Risiko besteht, dass systematisch
deren Rechte missachtet werden durch eine Unterscheidung in Flüchtlinge der
Kategorie A und der Kategorie B.
Der
umstrittenste Punkt sind die "Hotspots", die Zentren, die an den
europäischen Außengrenzen eingerichtet werden und zur Identifikation der
Ankommenden dienen sollen. In unserem Land sollen es fünf sein: in Pozzallo,
auf Lampedusa, in Trapani, Taranto und Augusta. Die in Pozzallo und auf
Lampedusa sollen als erste am 17. September 2015 ihren Betrieb aufnehmen. "Es
besteht die Gefahr, dass Italien dadurch zweigeteilt wird: im Süden die
geschlossenen "Hotspots" für Migranten, die abgeschoben werden sollen
– im Norden die offenen "Hotspots" für Migranten, die als
schutzbedürftig eingestuft werden" befürchtet Filippo Miraglia,
Vizepräsident von Arci*, der sich zurzeit in Pozzallo aufhält, einer der
Städte, wo am 17. September einer der vielen Barfussmärsche zur Solidarität mit
den Flüchtlingen stattgefunden hat. "Wir haben uns entschlossen, hier eine
Initiative zu lancieren, um gegen die bevorstehende Eröffnung des
"Hotspots» in Pozzallo zu protestieren" – er unterstreicht, dass zu viele
Maßnahmen im Betrieb dieser "Hotspots" fragwürdig sind. Vor allem
befürchtet Filippo Miraglia, dass die Unterscheidung und Auswahl der
Flüchtlinge zufällig und ungerecht gehandhabt werde. "Bei einer Landung von 3000 – 4000
Personen, wie wir sie in diesen Tagen erleben, wie kann da eine Identifikation
korrekt durchgeführt werden?", fragt er sich. "Wer sich
identifizieren lässt, wird in die Zentren im Norden Italiens transferiert. Die
"nicht Identifizierbaren" werden in den "Hotspots" des
Südens festgehalten, was einer Gefangennahme gleichkommt. Es besteht das
Risiko, dass dafür gerade jene den Preis bezahlen, die am meisten
schutzbedürftig sind, die aber nicht in Italien bleiben wollen, vor allem Syrer
und Eritreer. "Was ebenfalls abgeklärt werden muss, ist die Dauer der Inhaftierung.
"Es ist leicht vorstellbar, dass die Flüchtlinge monatelang in den
"Hotspots" bleiben müssen. Aber eine Inhaftierung ohne richterliche
Anweisung ist gesetzeswidrig. Das hat eine Verurteilung unseres Landes durch
den europäischen Strafgerichtshof vor kurzem wieder bestätigt. Und das bedeutet
ebenfalls, dass in Zukunft die Gesetze weiterhin nicht befolgt werden, dass die
Zahl der Abschiebungszentren (CIE*) erhöht wird und dass die Menschen unter
unwürdigen Bedingungen festgehalten werden". Der Vizepräsident des Arci* schliesst
mit den Worten: "Dieses Vorgehen lenkt ab von der Tatsache, dass die
Europäische Union schweigt über die viel wichtigere Frage der Schaffung von
legalen Migrationswegen. Deren Regierungen fahren fort mit ihren Diskussionen
über Quoten, Identifikationen und Abschiebungen. Aber sie tun nichts, um zu
verhindern, dass die Menschen ihr Leben riskieren müssen. Tatsächlich
beschäftigen wir uns hier mit Überlebenden, mit denen, die es geschafft haben
hier anzukommen. Dieser Gedanke ist unerträglich. Bis heute haben die Migranten
keine Möglichkeit, ihre Reise ohne die Tätigkeit der Schlepper zu organisieren."
Auf der
gleichen Linie liegt auch Fiorella Rathaus. Sie ist Präsidentin des Italienischen
Flüchtlingsrates CIR*: "Nachdem wir so lange gekämpft haben für die
Schließung der Abschiebungszentren (CIE*), sehen wir uns mit einer neuen Form
der Haft konfrontiert. Wir müssen uns diesem Problem stellen. Für die
Identifizierungspraxis steht unser Land seit Jahren in der Kritik. Jetzt im
Lichte der geplanten Auslagerung ist die Identifizierung noch wichtiger. All
das muss aber in Einhaltung bestimmter Kriterien bei den Transfers geschehen.
Wir können nicht Rückschritte zulassen in Bezug auf die Wahrung der
fundamentalen Rechte."
Was dem
Flüchtlingsrat ebenfalls Sorgen bereitet, ist die zeitliche und örtliche Nähe einerseits
des internationalen Schutzes und andererseits der Rückführungen. Dieser Punkt
bereitet uns grosse Sorgen. Denn es herrscht eine grosse Verwirrung in diesem
Bereich. Der Transfer durch die "Hotspots" sollte zur Abklärung
dienen, wer auf internationalen Schutz pochen kann und wer nicht. Aber unserer
Meinung nach ist das nicht möglich, denn an so einem Ort können keine
Asylverfahren durchgeführt werden. Wir fragen uns deshalb wie eine rasche
Auswahl stattfinden kann? Vielleicht mit Hilfe der Liste sicherer Drittländer?
Das würde aber die Genfer Konvention missachten, das haben wir immer wieder
gesagt. Wir wissen von Fällen, die dringend auf Schutz Anrecht haben – was zur
Folge hat, dass anderen die Türen verschlossen werden. Jetzt ist nicht der
Zeitpunkt, Rückschritte zu machen. Unsere Hoffnung ist es, dass die Tendenz zur
Öffnung, die Europa zeigt, Wirklichkeit
wird. Das Thema "Hotspots" hat dieser Tage auch der Präfekt Mario
Morcone angesprochen, anlässlich seiner Teilnahme am internationalen Kongress
der Comunità di Sant Egidio in Tirana: "Einige Länder bestehen darauf,
dass wir "Hotspots" einrichten. Ich befürchte, dass das ein Mittel
ist, die Migrationsproblematik auf die Länder des Südens abzuwälzen, vor allem
auf Italien und Griechenland. Aber eines ist sicher: wir werden immer mit Nein
antworten, wenn von uns verlangt wird, eine Art Konzentrationslager für
Migranten einzurichten, sei es nun in Kalabrien oder Sizilien.»(e.c.)
*L'ARCI – Associazione Ricreativa e Culturale Italiana: Vereinigung zur Förderung von Kultur, Bildung, Frieden, Menschenrechte, und Wohlfahrt
*L'ARCI – Associazione Ricreativa e Culturale Italiana: Vereinigung zur Förderung von Kultur, Bildung, Frieden, Menschenrechte, und Wohlfahrt
*Cir – Consiglio
italiano per i rifugiati: Italienischer Flüchtlingsrat
*CIE – Centro
di Identificazione ed Espulsione: Zentrum zur Identifikation und Abschiebung
Übersetzung aus dem Italienischen von Susanne Privitera Tassé Tagne
Übersetzung aus dem Italienischen von Susanne Privitera Tassé Tagne