Letzten Samstag hatten wir Gelegenheit, uns in der öffentlichen Parkanlage Villa Cordova mit einigen Gästen des Zentrums Madre Speranza zu unterhalten. Schon vor einem Jahr haben wir über diese Institution berichtet. Damals hatten deren Bewohner eine Protestveranstaltung vor der Präfektur organisiert, um auf die prekären Bedingungen aufmerksam zu machen, die dort herrschen.
Madre Speranza wurde als Aufnahmezentrum im November 2013 eröffnet. Es wird von der religiösen Vereinigung Filippo Neri betrieben und beherbergt zurzeit 130 Gäste, 40 mehr als im Jahr zuvor und da hatten wir schon einen Zustand der Überbelegung vorgefunden.
Es wurde noch keine Lösung gefunden, trotz der zusätzlichen Anmietung einiger Wohnungen. Die Bewohner bestätigen, dass die Schlafräume für bis zu 10 Personen zwar gross seien, aber dass es schwierig sei, 5 Toiletten und 3 Duschen mit 60 Personen zu teilen.
Die sanitären Anlagen beschreiben sie als
“too much disgustive” (zu ekelerregend), immer dreckig, stinkend und mit
Abflussproblemen.
Sie beklagen sich auch über die
Verpflegung: die Qualität ist schlecht, oft gibt es altes Brot und das Fleisch
ist nicht halal. Darum haben die Gäste mit den Betreibern vereinbart, dass die
Menus vor allem aus Gemüse bestehen sollten.
Seit 4 Monaten findet kein Italienischkurs
mehr statt, seit der Vertrag mit dem Italienischlehrer auslief.
Sie haben nie auch nur ein Kleidungsstück erhalten. Auf unsere
Frage, woher die Kleider, die sie tragen stammen, antworten sie, dass sie sie,
mit dem Pocket Money (Taschengeld) auf dem Wochenmarkt am Samstag second hand gekauft haben. Sie sind
überrascht zu hören, dass die Betreiber verpflichtet wären, sie bei der Ankunft
mit Kleidern auszustatten und das auch zum Wechsel der Jahreszeiten.
Einige Mängel scheinen jedoch behoben gegenüber
dem letzten Jahr: seit September sind ein Sozialarbeiter, eine Psychologin und
ein Anwalt für das Zentrum tätig und zurzeit sind auch 3 kulturelle Mediatoren
für das Zentrum angestellt.
Aber deren Arbeit wird kritisch beurteilt von den Migranten.
Nach dem Protest im Juli vor einem Jahr
wird den Migranten alle 50 Tage das Pocket Money bar ausbezahlt. Etwa zwei Monate lang
wurde aber nur die Hälfte ausbezahlt. Die Differenz erhielten sie erst im
Nachhinein noch vergütet.
Bei ihrer Ankunft haben die Flüchtlinge
eine Unterredung mit dem Sozialarbeiter und der Psychologin. Den Anwalt sehen
sie nur bei der Vorladung zur Kommission. Bis zu diesem Zeitpunkt erhalten sie
keine Information über ihre rechtliche Situation.
Sie erzählen uns folgendes: wer bei den
Betreibern des Zentrums um eine Unterredung mit der Psychologin gebeten habe,
sei abgewiesen worden - das nütze sowieso nichts, denn die Psychologin müsse
den Betreibern darüber Bericht erstatten!
Das Zentrum beschäftigt auch eine
Krankenschwester, die befugt ist, Generika zu verschreiben. Es scheint, dass
sie das gleiche Schmerzmittel für jegliche Beschwerden verschreibt, ob es sich
um Migräne oder Verdauungsprobleme handelt.
Die Bewohner machen darauf aufmerksam, dass
sie keinen Zugang zu Fachärzten
haben, wie zum Beispiel zu einem Zahnarzt, der sie behandeln könnte. Sie
müssten Monate auf die
Information warten, ob und wann eine Konsultation möglich sei. Fragen sie nach,
wird ihnen mit „später“ geantwortet. Alle sind beim staatlichen
Gesundheitssystem registriert, aber das genügt offenbar nicht, um die nötigen
Behandlungen zu erhalten.
Giovanna Vaccaro
Borderline
Sicilia Onlus Übersetzung von Susanne Privitera Tassé Tagne