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Dienstag, 26. August 2014

Ankunft in Augusta der Überlebenden einer erneuten Tragödie. 24 Leichname und hunderte Vermisste

Im Handelshafen von Augusta ist es unruhig, als ich um 14 Uhr dieses warmen und windigen Nachmittags den Kai betrete. Das Schiff „Fiorillo“ von der Küstenwache liegt schon seit zwei Stunden im Hafen, überfüllt mit Migranten, aber die Anlandung hat noch nicht begonnen. Vor dem Schiff wartet eine Traube aus Menschen: Ärzte des Roten Kreuzes und der Ärzte ohne Grenzen, Arbeiter des Zivilschutzes, Vertreter von OIM, UNHCR und Save the Children für das Projekt Praesidium, Polizei, Carabinieri und Zollbeamte.
Seit dem 1. August sind auch immer einige Repräsentanten von Frontex vor Ort, die Flüchtlinge interviewen und mit den Behörden sprechen; sie sind allerdings sehr zurückhaltend, wenn es darum geht Fragen zum Grund ihrer Anwesenheit und zu ihrer Arbeit zu beantworten.
In der Zwischenzeit hat das Schiff „Foscari“ der italienischen Marine angelegt und die „Fenice“ Kurs auf den Hafen aufgenommen: Während des erneuten Schiffbruchs, welcher sich am Abend des 24. Augusts 18 Meilen nördlich von der libyschen Küste ereignet hat, waren drei Schiffe der Marine im Einsatz. Die „Fiorillo“, so der Oberleutnant des Schiffes Giuseppe Maggio, hatte bereits am Tag zuvor die Passagiere eines Schlauchbootes in Sicherheit gebracht, auf dem 98 Personen aus Eritrea, Äthiopien und Somalia reisten, als die Nachricht durchgegeben wurde, dass ein überfüllter 12 Meter langer Schiffskutter in sehr schlechtem Zustand gekentert war. Dem Kutter waren bereits die Kriegsmarine, ein Helikopter, welcher Schlauchboote abgeworfen hat, und zwei Frachtschiffe zur Hilfe gekommen. Das Kentern war durch das schlechte Wetter und die, typisch für viele aus Libyen ablegende Schiffe, Überfüllung ausgelöst worden. Durch die Aussage von Carlo Scigliuzzo, Fregattenkapitän des Schiffs „Foscari“, welches die Leichname der 24 Personen transportiert, die sich nicht retten konnten, erfahre ich, dass auf dem Fischkutter circa 500 Personen reisten, davon aber nur 344 gerettet werden konnten. Nach Schätzungen werden um die 100 Personen vermisst, nach denen, wie der Kapitän unterstreicht, einen ganzen Tag erfolglos gesucht wurde. Die Überlebenden, hauptsächlich Syrer, aber auch Palästinenser, Algerier, Libyer und Libanesen, wurden auf die Schiffe „Fiorillo“ (232) und „Foscari“ (112) aufgeteilt. Unter ihnen befanden sich auch acht Frauen, ein zwei Monate altes Mädchen mit der Mutter und ein weiteres einjähriges Mädchen, welches von einen syrischen Passagier gerettet und von ihm während der Reise versorgt wurde. So habe ich sie auch an Land kommen sehen, wie ein Vater mit seiner schlafenden Tochter in den Armen. Sie gehen zu dem Schiff, in dem sich die anderen Flüchtlinge befinden, gefolgt von Vertretern von UNHCR und Save the Children: Sie hoffen, die Eltern der Kleinen ausfindig zu machen. Einige Personen meinen die Mutter zu kennen, jedoch gibt es keine Verwandten. Sie gehen zur Zeltstadt des Zivilschutzes, die Kleine wird nun wahrscheinlich den Sozialarbeitern anvertraut. Die Überlebenden sind die ersten, die von der „Fiorillo“ an Land gehen, gefolgt von sechs von Krätze betroffenen Passagieren. Es gibt keine Schwerverletzten, abgesehen von einem Passagier mit Brüchen in den unteren Gliedmaßen, welcher sofort im Krankenwagen weggefahren wird.
Gegen ungefähr 15.30 Uhr beginnt das Schiff „Fenicia“ die langwierige Anlandung der Leichname. Unter den leblosen Körpern befindet sich auch der eines zwei Monate alten Babys. Der leidvolle Transport der Särge aus dem Schiff zu dem Kühllastwagen dauert Stunden. Der Lastwagen fährt zum Krankenhaus in Lentini, wo die Obduktionen stattfinden werden. Die Matrosen haben eine Kordel aus Tüchern geformt, um die Särge vor den Aufnahmen der Journalisten zu schützen, aber diese Körper ohne Namen schreien noch einmal ihre Verzweiflung in die Welt.

Beatrice Gornati
Borderline Sicilia Onlus

Aus dem Italienischen von Linde Nadiani