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Freitag, 9. Dezember 2016

Die EU wertet Italiens Bemühungen in den Hotspots auf. Die Aktivist*innen hingegen: „Die Sammlung der Fingerabdrücke war ein Scheitern auf ganzer Linie“

von Meridionews.it

Die Europäische Kommission hat die Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien und Griechenland eingefroren. Die Verfahren gegen die beiden Länder liefen wegen vermeintlicher Mängel in den Identifikationszentren. Viele Vereinigungen, die sich für die Rechte von Geflüchteten stark machen, betonen die geringen Ergebnisse der „relocation“-Praxis. „Die aktuelle Gesetzeslage macht die Asylsuchenden zu Gefangenen,“ erklärt Paola Ottaviano von Borderline Sicilia.





Eigentlich laufen die Dinge für die Hotspots in Sizilien gar nicht mal so schlecht, zumindest was die Identifizierung der Geflüchteten angeht. So beurteilt es zumindest die Europäische Kommission, die heute ihren Entschluss offiziell bestätigt hat, Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten Italien und Griechenland einzustellen. Sie waren anfangs erhoben worden, weil die Vorschriften zum Eurodac nicht eingehalten worden waren. Eurodac ist eine europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken. Sie ist 2013 gegründet worden, um die Zuständigkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten für die Annahme von Asylanträgen festzulegen. Die Regelung trat 2015 in Kraft und ist an die Vorgaben des Dublin-Abkommens gebunden. Erst danach war die Errichtung von Hotspots in den zwei Grenznationen festgelegt worden. Die aktuelle Gesetzeslage verpflichtet die Identifizierungszentren dazu, innerhalb von 72 Stunden nach Ankunft der Geflüchteten deren Fingerabdrücke zu erfassen, um sie dann in die Eurodac-Datenbank einzupflegen. Dieses Verfahren steht seit seiner Einführung in Kritik aus vielerlei Lager. Neben vielen anderen hielt ausgerechnet die Europäische Union die italienischen und griechischen Hotspots für unfähig, ihren Aufgaben nachzukommen.

Rückblickend über die Ergebnisse von einem Jahr in Betrieb hat die Europäische Kommission ihre Kritik abgeschwächt. „Aufgrund der nennenswerten Verbesserungen auf dem Feld der Informationserhebung seit Anfang des Jahres 2016, ist die Europäische Kommission davon überzeugt, dass Italien und Griechenland die Fingerabdrücke der Bürger*innen aus Drittstaaten in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Eurodac-Regelung erheben. In Folge dessen werden die Vertragsverletzungsverfahren eingestellt“, so liest sich ein Vermerk. Die Zustimmung der EU bremst jedoch nicht die breite Kritik am Hotspot-System, die von Vereinigungen geäußert wird, die sich für die Rechte der Geflüchteten stark machen. Unter ihnen ist auch Borderline Sicilia, die seit geraumer Zeit mahnt, dass die Hotspots ungeeignet für die Aufnahme von Geflüchteten sind. „Das Dublin-Abkommen führt dazu, dass die Asylsuchenden in den Grenzstaaten in einer Falle landen. Denn das Abkommen sieht vor, dass in dem Mitgliedstaat der Antrag auf Asyl einzureichen ist, der als erster innerhalb der Europäischen Union betreten wurde,“ erklärt die Rechtsanwältin Paola Ottaviano. „Wenn man bedenkt, dass fast immer Italien oder Griechenland die ersten Ankunftsländer, nicht etwa Zielländer, sind, verstehen wir erst, welche Schieflage dieser Regelung zu Grunde liegt. Die Geflüchteten werden regelrecht gefangen gehalten.“

Das Urteil über die Hotspots wird auch von den Ergebnissen der sog. Relocation beeinflusst, die Umsiedlungen von Migrant*innen innerhalb der EU. Die Maßnahme wurde eingeführt, um die Länder zu entlasten, die von den Identifizierungsmaßnahmen mehr beansprucht werden. Rechtsanwältin Ottaviano zufolge sind sie jedoch auf ganzer Linie gescheitert. „Man kann es nicht anders sagen. Die Probleme der Umsiedlungen waren von Anfang erkennbar. Beispielsweise wurde zu Beginn festgelegt, dass nur die Herkunftsländer von der Umsiedlung betroffen sind, die statistisch gesehen mindestens 75% anerkannte Asylanträge aufweisen.“ Diese Schwelle erreichen aber nur sehr wenige Länder, was faktisch dazu führt, dass nur Eritreer*innen, Syrer*innen und Iraker*innen tatsächlich umgesiedelt werden. Vor allem ermöglicht diese Praxis, die individuellen Rechte der Migrant*innen im Hinblick auf Aspekte behandelt werden, die kaum etwas mit dem Zusammenhang der Verfolgung zu tun haben. „Manche Länder in West-Afrika werden als Orte bezeichnet, von denen Migrant*innen nur aus wirtschaftlichen Gründen flüchten. Das ist nicht richtig, denn man kann vom Herkunftsland nicht allein auf die Bedürftigkeit nach Asyl eines Menschen schließen,“ so die Rechtsanwältin Ottaviano.

Simone Olivelli


Übersetzung aus dem Italienischen von Alma Maggiore