Die Nachricht von der Ankunft von Migrant*innen aus Ägypten hat sich in gut zwei Tagen schnell von einem Hafen zum anderen verbreitet. Ungefähr 800 Personen, die bei zwei verschiedenen Einsätzen gerettet wurden, wurden dann in Crotone, Catania, Palermo und Augusta an Land gebracht.
Und ausgerechnet in Augusta sind weitere hunderte unbegleitete Minderjährige angekommen, in einer Anlandung, die viele mit Besorgnis erwarteten, um Zeugen der Ankunft syrischer Geflüchteter zu werden. Es handelte sich jedoch um die Ankunft von ca. 342 Migrant*innen hauptsächlich aus Eritrea, Irak und Ägypten. Ägyptischer Herkunft sind die zahlreichen unbegleiteten Minderjährigen, die schon zum Teil nach Palermo und Catania verlegt wurden, Überlebende einer aufreibenden und langen Reise auf dem Meer. Wir fragen uns, welchen Schutz sie haben werden und wie die Verlegung auch von diesem Hafen aus organisiert wird. Denn gestern ist das Zentrum Umberto I. in Syrakus geschlossen worden, das für die Erstaufnahme vieler in Augusta Angekommener zuständig war, aus Gründen, die noch zu klären sind. Noch vor einer Woche haben wir einige „Gäste“ des Zentrums getroffen, die die Anwesenheit von besonders Schutzbedürftigen und den um Wochen verlängerte Aufenthalt der Migrant*innen beklagten. Heute haben wir erfahren, dass die Mehrzahl von ihnen in das CAS* „Alessandro Frasca“ in Rosolini und ein anderes Zentrum in der Provinz Syracus verlegt worden ist. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich um eine Verlegung handelt, die durch die unerwartete Schließung des Zentrums Umberto I. notwendig geworden war und dass es nicht darum ging, nach einem für die Bedürfnisse der Schwächsten angemessenen Ort zu suchen.
Die Vorrangigkeit der Identifikation und die Implementierung des Hotspot-Ansatzes werden weiterhin hartnäckig verfolgt, obwohl ihr totales Scheitern offensichtlich ist. Europa vergisst seine humanitären Pflichten. Es ist taub gegen die mit Mut vorangetragenen Proteste und dazu bestimmt eine Politik der Kontrolle, Auswahl und Zurückweisung zu verfolgen. So qualifiziert es sich jeden Tag mehr zu einem Gefängnis unter freiem Himmel für die Geflüchteten, die die Freiheit suchen. Weitere 280 Migrant*innen, fast alle Somalis, sind gestern an Bord des Schiffes der finnischen Küstenwache Merikharhu, das im Dienst von Frontex steht, im Hafen von Catania angekommen. Nach der Durchsuchung und den Vorgängen zur Erstidentifizierung sind sie mit mehreren Bussen in das CARA* von Mineo verlegt worden. Dieses CARA ist dazu bestimmt, der nächste neue Hotspot auf Sizilien zu werden, obwohl die Untersuchungen zur Mafia Capitale und zu den ehemaligen Betreibern bis heute noch keineswegs abgeschlossen sind. Vergangene Woche wurden in der Tat weitere 500 Migrant*innen direkt nach ihrer Anlandung in Reggio Calabria nach Mineo verbracht.
Lucia Borghi
Borderline Sicilia
*CAS – Centro di accoglienza straordinaria, außerordentliches Aufnahmezentrum
*CARA - Centro di accoglienza per richiedenti asilo: Aufnahmezentrum für Asylsuchende
Übersetzung aus dem Italienischen von Rainer Grüber
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