- Tausende von neuen Ankünften und
weiterhin Tote. Das Stillschweigen vor und nach der Anlandung
- Minderjährige Migrant*innen: Gefangen
in den Maschen eines Systems, das sie unsichtbar und ohne Rechte
haben will
- Erneuerung der Ausschreibungen und
mangelnde Regulierung: Wenn auch das Umfeld den Unterschied macht.
Der Fall der Provinz Enna
- Neuigkeiten und Veranstaltungen: Die
Kampagne „LaciateCiEntrare“* stellt ihren Bericht vor.
Borderline Sicilia läutet ein neues
Projekt mit Oxfam Italien und der Diakonie der Waldenser ein
Tausende von neuen Ankünften und
weiterhin Tote. Das Stillschweigen vor und nach der Anlandung
Die immer dramatischere Situation in
Libyen und in den übrigen Aufbruchsländern zwingt die Migrant*innen
dazu, so schnell wie möglich den Weg über das Meer zu nehmen. Im
Durchschnitt sind es 3000 Ankünfte in vierzehn Tagen. Die
Anlandungen werden weiterhin willentlich im Modus „Ausnahmezustand“
verwaltet. Sie werden immer mehr überlagert von Ermittlungen,
Kontrollen und einem alarmierenden Schweigen bezüglich dessen, was
vorhergeht und was den gerade Angekommenen erwartet.
Noch immer werden Abweichungen von
gesetzlichen Bestimmungen und Verlegungen in absolut unangemessene
Einrichtungen registriert, auch für besonders Schutzbedürftige. Es
offenbart sich das Scheitern des europäischen Verfahrens der
„relocation“* auf Kosten der Freiheit und der Pläne der
Migrant*innen, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, um hier
anzukommen. Schuld daran ist die Wirtschaftspolitik derselben Länder,
die heuchlerisch ihre Großzügigkeit bei der Aufnahme zur Schau
stellen.
Die Zurückweisung werden auch nicht
weniger, sowie die Verzweiflung derer, die nicht aufgenommen werden
und für Jahre unsichtbar werden. In einigen SPRAR*s geht es nur ums
Geschäft. Kooperativen, gegen die ermittelt wird, können ihr Wirken
monatelang fortsetzen. In anderen Zentren werden die Migrant*innen
immer mehr sich selbst überlassen, weil Struktur und Dienste fehlen.
Dabei wird gegen Gesetze verstoßen und der Respekt gegenüber der
Menschenwürde fehlt völlig. Borderline Sicilia hat die
Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Kaserne Gasparro Bisconte
in Messina besucht
Minderjährige Migrant*innen:
Gefangen in den Maschen eines Systems, das sie unsichtbar und ohne
Rechte haben will
Einschränkung der persönlichen
Freiheit, verlängertes Zurückgehalten werden, Verlegung in nicht
geeignete Zentren und ohne den geringsten Beistand. Von Pozzallo nach
Messina geht die Odyssee der minderjährigen Migrant*innen,
gezwungen, sich über Monate dem unmenschlichen Handeln derer
auszusetzen, die Schutz vortäuschen, während sie auf leichte
Profite aus sind
Zeitgleich zu den neuen Ankünften
entzünden sich in Palermo Proteste aufgrund der prekären und
nervtötenden Bedingungen in den Einrichtungen für Minderjährige.
Es werden Versuche unternommen, Widerstand zu leisten und ein System
anzuklagen, das für die Aufnahme sorgen sollte, jedoch faktisch die
Rechte mit Füßen tritt und die Verteilung der Migrant*innen über
das Land fördert.
Erneuerung der Ausschreibungen und
mangelnde Regulierung: Wenn auch das Umfeld den Unterschied macht.
Der Fall der Provinz Enna
Die Präfektur von Enna vergibt mittels
einer neuen Ausschreibung die Verwaltung der Zentren in der Provinz.
Eine Entscheidung, die nach langen Monaten getroffen wurde, in denen
die mangelnde Regulierung die Vermehrung einer beliebigen
Verfahrensweise seitens der einzelnen Verwaltungsbetriebe befördert
wurde. Dies erfolgt zum Schaden der Migrant*innen, die in
verschiedenen Einrichtungen beherbergt werden.
In den Einschätzungen des
Ordnungsamtes wird aber weiterhin weder die Besonderheit der Gegend
um Enna in Betracht gezogen, noch die Notwendigkeit einer gründlichen
Informationsarbeit und Sensibilisierung der Bürger*innen. Dies ist
unabdingbar, um eine Aufnahme sicher zu stellen, die der
Migrant*innen würdig ist, die in der Provinz wohnen. Unzufriedenheit
und Fremdenangst breiten sich folglich aus.
Neuigkeiten und Veranstaltungen:
Die Kampagne „LasciateCiEntrare“
stellt ihren Bericht vor.
Borderline Sicilia läutet ein neues
Projekt mit Oxfam Italien und der Diakonie der Waldenser ein
Borderline Sicilia hat an der
Pressekonferenz teilgenommen, die von der Kampagne
„LasciateCiEntrare“ anlässlich des Jahresberichtes organisiert
wurde. Der Bericht ist ein Dokument der Anklage, aber auch der
Analysen und der Reflexion. Er realisiert eine Informationssammlung
auf nationaler Ebene und macht die Konsequenzen eines Aufnahmesystems
bekannt, das auf politischer Ebene auf Improvisation basiert, auf
widerrechtlichen Praktiken und systematischer Verletzung der
Menschenrechte.
Psychologische und soziale
Unterstützung, gesetzlicher und materieller Schutz für diejenigen,
die aufgrund widerrechtlicher Handlungen der europäischen
Regierungen unsichtbar und ihrer Rechte beraubt bleiben. Borderline
Sicilia trifft Oxfam Italien um die zukünftige Zusammenarbeit in
einem Projekt voran zu bringen, das gemeinsam mit der Diakonie der
Waldenser die abgewiesenen und im Land anwesenden Migrant*innen
schützt.
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*„LasciateCiEntrare“ - dt. Übersetzung: Lasst uns rein; enthält das Akronym CIE für Centro di Identificazione ed Espulsione: Abschiebungshaft
* „relocation“ – Verlegung in
andere europäische Länder
* SPRAR - Sistema di protezione
per rifugiati e richiedenti asilo: Schutzsystem für Asylsuchende und
Geflüchtete, kommunales Aufnahmesystem auf freiwilliger Basis (keine
staatliche Verpflichtung), ca. 3000 - 3500 Plätze in ganz Italien.
Soll zur Integration der Geflüchteten dienen.
Übersetzung aus dem Italienischen von
Rainer Grüber