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Dienstag, 19. Januar 2016

Immigration. Die Ausschreibung für Aufnahmeeinrichtungen in der Provinz Trapani und Untersuchungen in den Zentren

Von Tp24.
Von Untersuchungen bis hin zu parlamentarischen Befragungen wird das Aufnahmesystem von Migrant*innen in der Provinz Trapani ein völlig neues Gesicht bekommen. Es handelt sich um eine radikale Änderung, die die Einstellung zur Immigrationsfrage strukturell umkippen wird. „Wir befinden uns nicht mehr im Ausnahmezustand, sondern können jetzt tatsächlich handeln“, so der örtliche Präfekt Leopoldo Falco. Der Ausnahmezustand ist hier das Schlüsselwort, das während der vergangenen Jahre verheerende Zustände zugelassen hat (seit dem Feuer in Vulpitta, einer Unterkunft für Geflüchtete) und nun Geschichte sein könnte.

Das sind die Vorbemerkungen zur besagten Ausschreibung, die vor einigen Tagen von der Präfektur Trapani veröffentlicht wurde und die zur Folge haben wird, dass sich der gesamte Mechanismus der Zuteilung in die verschiedenen Zentrum von Grund auf ändern wird. Der Auftrag, dem der Aufruf zu Angeboten entgegensteht, ist gut gegliedert. Er betrifft 2000 Plätze, verteilt auf vier Territorialbezirke (im ersten: Trapani, Erice, Paceco, Valderice, Buhest, Palizzolo, Custoncai und San Vito Lo Capo; im zweiten: Alcamo, Alcamo, Castellammare del Golfo, Calatafimi, Salemi und Vita; im dritten: Marsala, Mazara del Vallo und Petrosino; im vierten: Castelvetrano, Campobello di Mazara, Partanna, Gibellina, Poggioreale, Salaparuta und Santa Ninfa). Es handelt sich um die 2000 Migrant*innen, die sich bereits in den über die gesamte Provinz verteilten CAS* aufhalten; rein zahlenmäßig wird sich daher nichts ändern. „Es ist notwendig, den Abzug von Geflüchteten zu beschleunigen, welche internationalen Schutz in Zweitaufnahmestellen mittels des SPRAR*-Netzes beantragen.“, so steht es in der Ankündigung. Doch nicht nur das.
Viele der Zentren hatten das Abkommen bisher direkt über ein Zuteilungssystem und ohne Ausschreibungswettbewerb erhalten. Auch der Präfekt Falco verteidigte stets diese Entscheidung, bis jedoch bei einer Neuzuordnung von 600 Plätzen ein Unternehmen die Ausschreibung vorübergehend gewann, welches in den Skandal der römischen Mafia Capitale verwickelt gewesen war. Dieses Mal ist die Ausschreibung geschützt und die Kriterien zur Zuteilung sind streng. Zum ersten Mal wird eine obligatorische „Registrierung der Bewohner*innen“ mit einbezogen und ein „täglicher Bericht, welcher die Zahl der aktuellen Belegung beinhaltet und an die Präfektur gerichtet wird, die diese wiederum mit dem Polizeipräsidium vor Ort gemeinsam kontrollieren wird“. Das Abkommen geht dann ins Detail und präzisiert die Regelung der Schichten von Tages- und Nachtarbeitnehmern, Psychologen, Sozialarbeitern, Übersetzern und rechtlichen Beratern.
Die Staatsanwaltschaft führt in der Provinz eine Untersuchung des betrieblichen Verwaltungssystems der Zentren durch und während die Ergebnisse abgewartet werden, könnte das Vorhaben des Präfekten Falco das Scheitern der Maßnahme vorbeugen. Laut Ausschreibung wird jedes Zentrum 20 bis 200 Migrant*innen beherbergen können und die betrieblichen Verwaltungen werden sich nicht für mehr als 200 Plätze bewerben können. Ziel ist es, jegliche Form von Monopol in diesem Bereich abzuwenden, wie die Staatsanwaltschaft bereits aufgezeigt hat, nachdem Don Sergio Librizzi festgenommen wurde (und dann wegen sexueller Gewalt zu neun Jahren Haft mit verkürztem Gerichtsverfahren verurteilt). Momentan führen die Ermittler Verhöre mit Onofrio Fratello (genannt Norino) durch, ein Politiker der UDC*, der 2008 eine Verurteilung zu zwei Monaten Haft wegen Verbrechen in externen Auswahlverfahren in Verbindung mit der Mafia aushandelte. Fratello wurde von Lorenzo La Rocca herbeigezogen, Präsident der Kooperative Letizia, der in einer Befragung durch die örtliche Polizei von Castellammare del Golfo bestätigte, lediglich den Strohmann für den Politiker zu spielen. Die Recherchen erweisen sich als sehr komplex und innerhalb der nächsten Tage wird das Programm Le Iene sich einer Vertiefung widmen.
Die Frage um den Hotspot von Milo bleibt indessen jedoch offen. Die dortige Struktur, die aus der Asche des ehemaligen CIE* entstanden ist, hat während der letzten Tage die Identifikationsprozeduren der in Catania angekommenen Geflüchteten aufgenommen. Genau dorthin wurden letzte Woche jedoch sieben Eritreer versetzt, weil sie sich auf Lampedusa weigerten, ihre Fingerabdrücke abzugeben. Und dann gibt es da auch noch den Fall der 196 Migrant*innen, die zuerst abgewiesen und dann wieder vom bisherigen traditionellen Aufnahmesystem zugelassen wurden. Das passierte zwischen dem dritten und fünften Januar und zu genau diesem Punkt haben die Parlamentsabgeordneten der Partei Movimento 5 Stelle am 14. Januar dem Ministerium um Angelino Alfano eine parlamentarische Befragung vorgelegt. In diesem Schreiben beantragen die Parlamentarier Aufklärung darüber, ob „die Sozialarbeiter und humanitären Organisationen vor Ort am Hotspot von Milo auch alle Informationen bereit gestellt haben, die dazu dienen sollen, den Migrant*innen die Bedingungen auf ein Recht auf den Antrag von Asyl zu gewährleisten“ und wie das Ministerium vorhabe, „Situationen zu vermeiden, die dazu führen, dass die Zahl Obdachloser exponentiell zunimmt“. Ein Problem, das in den nächsten Wochen tatsächlich Antworten finden könnte: die Aktivierung eines HUBs. Falco hat bereits am Samstag mit Minister Alfano darüber diskutiert und es scheint so, als sei schon eine geeignete Struktur mit 150 Plätzen bestimmt worden. Es ist das Herz der Umsiedelung, ein von der Europäischen Kommission gewollter Plan, der nur zögernd Form annimmt. Ungeachtet der Migrant*innen.

Marco Bova

*CAS - centri di accoglienza straordinaria: außerordentliche Aufnahmezentren
*SPRAR: Sistema di protezione per rifugiati e richiedenti asilo: Schutzsystem für Asylsuchende und Geflüchtete, kommunales Aufnahmesystem auf freiwilliger Basis
*UDC - Unione di Centro: Christdemokratische Partei der Mitte
*CIE - Centro di Identificazione ed espulsione : Zentrum für Identifikation und Ausweisung

Aus dem Italienischen von Sophia Bäurle