Die 237 am 1. September von einem Frachtschiff geretteten syrische Flüchtlinge haben am Tag nach ihrer Ankunft das Zentrum Palaspedini von Catania verlassen. Sie wissen, wo sie hin müssen, sie haben Verwandte in Schweden, Norwegen, Holland, Deutschland. Sie treffen sich mit einigen Landsleuten, die vor ein paar Tagen in Pozzallo anlegten und mit anderen, die die letzten Nächte in der "Misericordia" (Gnade) - Moschee verbracht haben, um sich dann gemeinsam zum Hauptbahnhof aufzumachen. Am Bahnhof informiert Nawal, eine junge Marokkanerin, wie sie Mailand – den zweiten Knotenpunkt ihrer langen Reise - erreichen können.
Um 18:00 Uhr herrscht am Busbahnhof am Viale Africa reger Betrieb: Mütter und Väter mit ihren jüngsten Kindern in den Armen weichen den auf den Boden gelegten Rücksäcken aus und werfen aufmerksame Blicke auf die älteren Kinder, die zusammen spielen. Ich entdecke in der Menge einige Gesichter, denen ich am Tag davor zwischen dem Hafen und der Sporthalle begegnet bin. Ein gestern noch traurig auf ihre Mutter wartendes Mädchen grüßt mich heute strahlend: sie hält die Hände einer Frau. „Wie haben uns wiedergefunden!“ sagt sie ohne dass ich irgendwelche Frage gestellt habe. „Jetzt fehlt nur noch meine 21 Jahre alte Schwester, sie ist heute mit ihrem Mann in Augusta angekommen. Wir wissen, es geht ihr gut und wir treffen uns in Mailand“. Sie sagt, dass sie vielleicht nach Holland gehen, sie ist nur 14 Jahre alt und will einen neuen Anfang wagen. „Ich will lernen, sind die Schule besser in Schweden oder in Holland?“ fragt sie mit einem vertrauensvollen Blick. Ich frage nach dem dritten aus Holz gebaute Schiff, das 250 Leute transportiert hat und das nie angekommen ist. „Wir haben es vor drei Tagen letztes Mal gesehen, bevor wir in Italien angekommen sind, dann haben wir Spur verloren. Es hat in Libyen abgelegt“ übersetzt die junge Syrierin. In der Zwischenzeit gibt es diejenige, die zum Bahnhof rennen, um Verwandte und Freunde anzurufen, man fährt ab, die Tickets sind vorhanden und viele Familie stellen ihr Gepäck im Bus ab. Sie grüßen sich voller Freude nach den vergangenen entbehrungsreichen Stunden auf hoher See. Einige müssen noch die Zähne zusammenbeißen und auf den nächsten Bus warten, da es nicht genug Plätze für so viele Menschen gibt. Manche kehren zur Moschee zurück, andere bereiten sich darauf vor, die letzte Nacht in Catania auf der Wiese vor dem Bahnhof zu verbringen.
Beatrice Gornati
Borderline Sicilia Onlus
Aus dem Italienischen von Miriam Bulbarelli