Das Aufnahme-Zentrum für Asylantragssteller (CARA) in Pian del Lago hat sein Auslastungslimit weit überschritten, während das Identifikations- und Abschiebe-Zentrum (CIE) fast voll ist. Aus dem Inneren des CIE dringen keine Informationen zu uns durch. Jedoch scheint es sicher, dass im CARA strukturelle Mängel sowie Mängel an der Betreuung der Personen fortbestehen.
Zwar wurden mehrmals Italienisch-Kurse gestartet, trotzdem gibt es noch keinen gut strukturierten Unterricht. Der Kurs, der zur zeit läuft, wird immer wieder wochenlang unterbrochen, er ist ohne jegliche Planung dem Zufall überlassen. In puncto Gesundheitsversorgung stellen wir dieselbe Nachlässigkeit fest. Alle Migranten, die im CARA untergebracht sind und mit denen wir sprechen konnten, haben ausgesagt, dass für gesundheitliche Beschwerden jeder Art ein und dasselbe Medikament verabreicht werde. Diese Fehlbehandlung und die Verabreichung unnötiger Medikamente zusammen mit der Nichtbehandlung der eigentlichen Beschwerden lösen auf die Dauer Magen-Darmbeschwerden aus. Wie uns Migranten berichten wird dieselbe Tablette selbst bei klar erkennbaren dermatologischen Problemen verabreicht. Selbst Personen die bereits seit mehreren Wochen an einem starken Juckreiz leiden, welcher an Krätze erinnert, erhalten diese „Universalbehandlung“, anstatt einer dermatologischen Visite, bei der ihre Beschwerden angemessen behandelt werden könnten. Jenen Migranten, welche nach einer Facharztvisite im Krankenhaus verlangen wird gesagt, dass es zurzeit Probleme mit der Krankenhausverwaltung gäbe und dass sie sich bis zur Lösung des Probleme gedulden müssen; dies könne eine Woche, vielleicht einen Monat dauern.
Die psychologische Betreuung reduziert sich auf ein oberflächliches Zuhören gefolgt von eiligen Ratschlägen. Wer zum Beispiel über Schlafstörungen spricht, dem wird geraten die Augen zu schließen und zu versuchen zu schlafen. Wenn er das nicht schafft…
Die Instandhaltung der überfüllten Container lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Was die Bäder betrifft, wurden zwar neue Container geliefert, welche sicherlich in einem besseren Zustand sind als die alten, sie werden jedoch auf Grund der hohen Bewohnerzahl nicht ausreichen.
In der Kleiderkammer werden gebrauchte oder minderwertige Kleider verteilt. Dem ist hinzuzufügen, dass es im CARA keine Wäscherei gibt und die Bewohner ihre Wäsche von Hand waschen müssen. Zumindest haben die Migranten jetzt während der warmen Monate ein Problem weniger: kein gefrorenes Wasser!
Das Taschengeld wird den Bewohnern des CARA ausschließlich über Aufladeschlüssel ausgezahlt, dazu müssen sie täglich für mehrere Stunden in der Warteschlange stehen. Da den Migranten auf diese Art und Weise der direkte Zugang zu Bargeld verwehrt bleibt, bleibt ihnen nichts anderes übrig als im Inneren des Zentrums Zigaretten am Automaten zu kaufen und diese dann außerhalb des CARAs für die Hälfte weiter zu verkaufen.
Zum Schluss möchten wir noch über eine neue Ausgangsregelung des CARA von Pian del Lago berichten: Zwar dürfen seine Bewohner bis um 22.00 Uhr ins Zentrum zurückkommen, allerdings darf das Zentrum nach 18.00 nicht mehr verlassen werden! Der nicht nachvollziehbare Grund für diese Regelung bestätigt noch einmal, wie diese Rückhalte-Zentren neben anderen Rechten immer wieder das Recht auf Bewegungsfreiheit verletzen.
Giovanna Vaccaro
Borderline Sicilia Onlus
Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner