Montag, der 28. Februar, 06.00 Uhr am Morgen: Die Ortspolizei räumt das ehemalige Postgebäude in Viale Africa. Obwohl es schon seit Jahren verlassen und im baufälligen Zustand war, wurde es bis jetzt als provisorische Unterkunft für Obdachlose genutzt, darunter vor allem Migrant*innen und Asylsuchende. Am Ende des Einsatzes sind 18 Menschen wegen Hausfriedensbruchs angezeigt worden.
Die jungen Menschen, die nach der Räumung zur Polizeistation überbracht wurden, waren nigerianischer oder gambischer Herkunft. Manche unter ihnen hatten internationalen Schutzstatus. Andere wurden aus dem Aufnahmezentrum in Mineo verwiesen, nachdem sie einen Ablehnungsbescheid von der Zentralen Kommission zur Prüfung von Asylanträgen erhalten haben. Gegen die Ablehnung hatten sie Widerspruch eingelegt, und sind somit aufenthaltsberechtigt.
Das alles sind Menschen, die aufgrund der chronischen Mängeln des Asylsystems in einem einsturzgefährdeten Ort wie dem Postgebäude schliefen, weil er ihnen einen minimalen Schutz bot. Diese Schieflage müsste dringend durch soziale Sicherungen behoben werden, indem für sie eine andere, würdige Unterkunft gesucht wird. Aber nachdem sie die Stadtbehörde entließ, gab es nur die Straße für sie und nun auch noch eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs, die ihre prekäre Lage noch weiter verschlimmert.
Die Stadtverwaltung von Catania hat die Herangehensweise positiv angenommen, die das Dekret Minniti in Bezug auf Sicherheitsfragen vorsieht. Die Regierung Italiens hatte dieses Dekret zur Bewältigung der Asylfrage erlassen und sich damit auch der Fragen um Marginalität und sozialem Ausschluss angenommen. Es ist kein Zufall, dass der Bürgermeister Enzo Bianco, ehemaliger Innenminister und aktueller Vorstandsvorsitzender des Verbands italienischer Gemeinden, für die schnelle Verabschiedung des Dekrets „zur Beschäftigung mit Verhaltensweisen, die in unserer Gesellschaft für alarmierende soziale Zustände sorgen,“ plädiert hatte. Er hat die Regierung zu schnellem Handeln gebeten in Bezug auf die Sicherheitsfrage: „Wie die jüngsten Ereignisse in Berlin beweisen, gibt es unzählige Ziele für Terroristen. Gerade deshalb ist es so wichtig, die Kontrollmaßnahmen vor Ort zu verschärfen“. Diese Rhetorik vermengt bewusst die Themen der sozialen Ausgrunzung mit Fragen der öffentlichen Ordnung. Auf diese Weise wird ein Konsens gesucht, nicht nur auf Kosten der Migrant*innen, sondern auch der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft.
Nach den Jahren der Krise und der Kürzungen der Budgets können die Kommunen nicht mehr die grundlegenden Leistungen gewährleisten. Dabei gäbe es viel, was auf kommunaler Ebene abgesichert werden müsste. Stattdessen wollen die Politiker*innen ihre Legitimität zu beweisen, indem sie unklare Aussagen und Stichwörter wie Sicherheit, Herabwürdigung, Anstand und Rechtsstaatlichkeit adressieren.
Und so geschieht es, dass sie die Obdachlosen räumen, ohne sich über Folgen oder Alternativen Gedanken zu machen. Alternativ geht man auf die Scheibenreiniger oder auf die Straßeverkäufer los. Das alles passiert seit Jahren in diesem Land, wo Situationen wie diesen nur mit repressiven Mitteln begegnet und die öffentliche Ordnung gewahrt werden will. Anstatt dessen sollten diese Probleme mit ganz anderen Maßnahmen bedacht werden, die langfristige Lösungen schaffen. Aber gerade weil man sich bereits an diesen Zustand gewöhnt hat, wissen wir, was dabei herauskommt: noch mehr Ausgrenzung, noch mehr Rechtsunsicherheit, die Verschlimmerung der bereits komplizierten Lage. Es ist an der Zeit, dass die Obrigkeit der ausufernden Fremdenfeindlichkeit etwas entgegensetzt, nämlich die Beachtung und Wahrung der Menschenrechte. Statt sich lediglich den populistischen Ängsten hinzugeben, sollte eine Alternative zu dem düsteren Abgrund, den wir uns Schritt für Schritt nähern, gewählt werden. Es wird immer schwerer, aus ihm herauszukommen.
Nicolas Liuzzi
Borderline Sicilia
Übersetzung aus dem Italienischen von Alma Maggiore
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