Vita.it – von Daniele Biella
Seit den Anlandungen am letzten Wochenende liegt die Zahl der im Hotspot anwesenden Migrant*innen bei mindestens 500 – bei einer Kapazität von 140 Plätzen. Außer den Fällen von Krätze – unter normalen Umständen leicht eindämmbar – weckt das Fehlen von geschütztem Raum für die unbegleiteten Minderjährigen und die schwangeren Mütter Besorgnis.
Das Zentrum zur ersten Identifikation von Pozzallo, das im Januar 2016 zum Hotspot umbenannt wurde– d.h. seitdem es direkt von der EU geleitet wird, besonders durch Frontex, der Agentur zur Kontrolle der Grenzen - befindet sich an einem kritischen Punkt: Überbelegung, verschieden geschlechtliche Belegung, zu verbietende hygienisch-sanitäre Bedingungen und ein zu langer Aufenthalt, besonders für die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die vorerst in der Einrichtung untergebracht werden, nachdem sie mit den Rettungsschiffen das Land erreichen. „Wir sind besorgt über die Situation der unbegleiteten Minderjährigen“, heißt es in einer Pressemitteilung von Terres des Hommes. Die Organisation ist an mindestens drei Tagen der Woche mit einer mobilen Station, einem Mediator, einem Psychologen und einem Soziologen im Zentrum anwesend. Mit der Unterstuetzung dieser Experten bietet die NGO mit dem Projekt Faro* in vier anderen sizilianischen Städten psychisch-soziale Aktivitäten an: bei den Anlandungen in der Provinz Ragusa neben Pozzallo auch auf der Mole im Hafen und in der Wohngemeinschaft für Jugendliche, die von der Tafel der Waldenser-Kirche in Scicli gleitet wird, sowie in der Provinz von Syrakus arbeiten sie in den Zentren von Priolo und Caltagirone. Terres des Hommes gehört zu den wenigen NGOs, die direkten Kontakt zu den Migrant*innen im Hotspot von Pozzallo haben, in die nicht einmal die Journalisten hineinkommen. „ Nach vier Anlandungen in Folge ist der Hotspot überlegt und die hygienisch-sanitären Bedingungen sind äußerst schlecht“. Mit den letzten beiden Ankünften um das vorige Wochenende herum, sind zuerst 70, dann 450 Personen im Hotspot hinzugekommen, ehe noch die zuvor Angekommenen weiterverlegt worden waren. Eine heikle Situation, die die Arbeit der verschiedenen involvierten Institutionen schwierig macht. Im Laufe der Monate ist die Situation besonders in sanitärer Hinsicht schlechter geworden: 65 Fälle von Krätze in den letzten Tagen. „Die hygienisch-sanitären Bedingungen – an sich schon heikel, wie von verschiedenen Vereinigungen schon in der Vergangenheit beklagt – haben sich noch einmal verschlechtert, seitdem von anderen NGOs weniger beständige medizinische Unterstützung im Zentrum geleistet wird.“ Anwesend ist das Personal des regionalen öffentlichen Dienstes, aber das reicht nicht. Und auch die Aufenthaltsdauer im Hotspot stellt einen Kritikpunkt dar: Sie kann bis zu drei Wochen dauern, wo doch der Hotspot dazu gedacht ist, in wenigen Tagen die Menschen zu identifizieren und zu verlegen. Besonders die Ankünfte der unbegleiteten Minderjährigen sind besorgniserregend, da dies nicht der geeignete Ort für ihren Aufenthalt ist: Ihre Situation ist kompliziert, weil die Zentren und die geschützten Wohngemeinschaften, in die sie dann verlegt werden sollen, oft voll sind; vor allem gibt es keine allgemeine Liste, auf die man sich bezüglich freier Plätze beziehen könnte, wie etwa bei den SPRAR für Erwachsene, dem Dienst zum Schutz der Asylsuchenden und Flüchtlinge.
Es ist das italienische Aufnahmesystem, das auf diese Weise die unbegleiteten Minderjährigen nicht ausreichend schützt: Aus diesem Grund mahnt Terres des Hommes die Dringlichkeit an, „ein nationales Register über die Verfügbarkeit von Plätzen in Wohngemeinschaften für unbegleitete minderjährige Geflüchtete einzurichten, nach der Art des Netzwerkes für SPRAR und FAMI, Stiftung für Asyl, Migration und Integration, die schon über einen solchen Mechanismus verfügen.“ In diesem Sinne erhofft sich ein großer Teil der Zivilgesellschaft, die in diesem Sektor arbeitet, dass schnell ein Gesetzesentwurf (der Gesetzesentwurf ZAMPA) geprüft und angewendet wird, der von der NGO Save The Children im Juli 2013 in Gang gebracht wurde. Eine weitere heikle Situation im Zusammenhang mit den Minderjährigen ist dadurch gegeben, dass die Personen im Hotspot in kurzer Zeit identifiziert werden müssen: Als zeitnaher Auswahlvorgang gedacht, gerät dieser aber dadurch in Schwierigkeiten, dass er in einer wenig geeigneten Einrichtung und mit einer erhöhten Anzahl von Anwesenden stattfindet. Dadurch entsteht das Risiko, dass bei der Identifikation Fehler auftreten. Die Dublin-III-Regelung, die den Menschen auferlegt, den Asylantrag in dem europäischen Land zu stellen, in dem sie zuerst ankommen, erhöht das Risiko der Zerstreuung der Minderjährigen. Sie flüchten aus den Wohngemeinschaften zur Aufnahme, um Eltern oder Bekannte in anderen EU-Staaten zu erreichen. Sie begeben sich aber tatsächlich in illegale Verhältnisse, und vor allem werden sie möglicherweise zu neuer Beute für den Menschenhandel.
*Faro – dessen Ziele beinhalten das Wohlergehen der Menschen: individuelle psychologische Unterstützung, soziale und geografische Orientierung, Italienisch-Unterricht, auch mit einem spielerischen Ansatz.
Übersetzung aus dem Italienischen von Rainer Grüber
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