Redattore Sociale – Ungefähr 250 Personen haben sich heute
Morgen versammelt. Zu einem Großteil handelt es sich um Eritreer, die seit
mindestens zwei Wochen auf der Insel sind und im CPSA* von Contrada Imbriacola**
festgehalten werden. Viele von ihnen befinden sich im Hungerstreik.
ROM – Circa 250 Menschen haben heute in den Straßen von
Lampedusa demonstriert. Sie hielten Schilder in den Händen und riefen Slogans.
Einer davon: „Freiheit, Freiheit“. Es handelt sich zum Großteil um eritreische
Bürger, die seit mindestens zwei Wochen auf der Insel sind – die letzten sind
am 4. Dezember gelandet; sie werden im Zentrum zur ersten Hilfe und Aufnahme
von Contrada Embriacola festgehalten, wenige Kilometer vom Hafen entfernt. Was
den Protest entzündet hat, so lokale Quellen, war die gestern Morgen
eingetroffene Forderung der Ordnungskräfte, Fingerabdrücke von diesen Personen
zu nehmen.
„Wir müssen uns bewegen können“, „wir sind Flüchtlinge,
keine Fingerabdrücke“ stand auf den Plakaten. Minderjährige, Frauen, Männer,
ganze Familien sind am frühen Morgen ins historische Zentrum und zum Sitz der
Kommune gekommen; dann kehrten sie ins CPSA* zurück, ohne das tägliche Leben
auf der Insel zu behindern. Zusätzlich zur Demonstration, hätten viele der
Demonstranten einen totalen Hungerstreik ausgerufen, den sie erst beenden
wollen, wenn man sie abreisen lässt, erklärten einige anwesende Sozialarbeiter.
Schwierige Voraussetzungen nach den letzten Aufrufen der EU an Italien, die
Identifikation aller angelandeten Migranten rigoros und, wenn nötig, auch unter
Anwendung von Gewalt durchzuführen.
Paradoxerweise dürfen dagegen all die Personen die Insel
verlassen, die auf der Grundlage der, Ende September eingeführten, neuen Identifikationsverfahren,
als „Wirtschaftsflüchtlinge“ eingestuft wurden und daher einen
Abschiebungsbescheid erhalten haben, dem sie innerhalb von sieben Tagen Folge leisten
müssen.
Ein weiterer Frustrationsgrund ist die Aufenthaltsdauer im CPSA*.
Die auf der Insel anwesende Forscherin Martina Tazzioli berichtet, dass einige
der Migranten „sagen, dass sie seit dem 5. November im Zentrum sind, wo
hingegen der Aufenthalt nach dem Gesetz nicht mehr als 72 Stunden betragen
darf.“ Besonders Schutzbedürftige, wie etwa Opfer von Menschenhandel und
Folter, Minderjährige und Schwangere müssten in anderen
Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden. Unter den Demonstranten befanden
sich auch einige Sudanesen und Somalis, die, auch wenn sie nicht verlegt werden
müssten, die Identifikation vermeiden wollen, um, ohne eine Rücksendung nach
Italien zu riskieren, wie es das Dublin-Abkommen vorsieht, in andere Länder
gelangen zu können.
(Giacomo
Zandonini)
* CPSA - Centro di Primo Soccorso e
Accoglienza: Zentrum zur Ersten Hilfe und Erstaufnahme.
**Contrada Imbriacola: Erstaufnahmezentrum für
Flüchtlinge auf Lampedusa.
Übersetzung aus dem Italienischen von Rainer Grüber