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Montag, 16. März 2015

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Heim ohne Betriebserfordernis. Die Regionalbehörde aber versichert: „Dokumente vollständig und korrekt“

Quelle: Meridionews. Die Kooperative „Ambiente e benessere“ (Umfeld und Gesundheit), zurückzuführen auf den Unternehmer Giovanni Pelizzeri, leitet in Giarre seit ungefähr eineinhalb Jahren zwei Heime für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im selben Gebäude in Via Alcide de Gasperi, nur ein paar Schritte vom sehr zentralen Domplatz entfernt. Im Erdgeschoss befindet sich die „Casa delle Fanciulle“ (Haus der Mädchen) und im ersten Stock die „Futuria“, Schauplatz eines gewalttätigen, bewaffneten Überfalls unter Flüchtlingen im vergangenen Januar. Die Kooperative ist scheinbar nicht im Register der akkreditierten sozialen Hilfswerke für die Aufnahme von Minderjährigen, was allerdings eine Mindestvoraussetzung im Betrieb einer solchen Einrichtung darstellt.
Die anfängliche und grundsätzliche Betriebserlaubnis erteilte die Abteilung Familie und Soziales der Region Sizilien, in der Person des Leiters Carmelo Parrino.

„Es ist normal“, erklärt er, „dass vor dem Eintrag ins Register der Einrichtung eine Autorisierung zur Inbetriebnahme erteilt wird. Infolgedessen unternehmen die Stadtbehörde und die ASP* die Prüfung der Sache. Beide haben positive Rückmeldung gegeben. Soweit ich weiß, erfüllt die Kooperative die nötigen Voraussetzungen. Die Sozialwerke der Stadt Giarre befinden sich allerdings in großen Schwierigkeiten. Den gesetzlichen Bestimmungen entgegen, teilt die Aufnahmestelle nicht die neuen Ankünfte und Ausgänge der minderjährigen Gäste mit. Die Sozialarbeiterinnen können ihrem Aufsichtsdienst aufgrund des feindlichen Klimas nicht nachkommen. Die Schule, in der die Jugendlichen angemeldet sind, bescheinigt gegenüber einem der Tutoren eine extrem hohe Anzahl an Fehlstunden der Jugendlichen.

Das Sozialamt der Stadt Giarre hat viele Inspektionen im Heim durchgeführt: Im Januar, April und September des Jahres 2014. An jedem der Termine wurden unterschiedliche Erzieher angetroffen, oft mit fehlenden Mindestvoraussetzungen. Letzten Monat hat Maurizio Cannavò, der neue Leiter seit Januar, eine weitere Inspektion in der Einrichtung in Via De Gasperi angeordnet. „Wir haben große Probleme vorgefunden“, erklärt er, „uns wurden nicht die angeforderten Dokumente ausgehändigt, wir wissen nicht wer die Mitarbeiter sind, die Sanitäranlagen sind ungeeignet und wir haben nicht die Mindestvoraussetzungen feststellen können, die notwendig zum Betrieb der Einrichtung wären. Wir haben eine Mitteilung an die Region geschickt, unserer Ansicht nach müsste das Heim schließen.“ Die Mitteilung wurde am 18. Februar an die Regionalbehörde gesendet. Das erste Mal nach eineinhalb Jahren wurde bestätigt, dass „das Heim nicht zur Aufnahme ins Regionalregister geeignet ist.“ Es kann also keine Minderjährigen aufnehmen.
Inzwischen hat die Kooperative weiterhin täglich 70 Euro pro Gast eingenommen, die vom Ministerium und von den Kommunen, welche die Flüchtlinge gesendet hatten, gezahlt wurden, inklusive der Kommune Catania. „Die Kooperative hat nur eine zeitweilige Autorisierung durch die Region, bis der Sachverhalt geklärt ist“, präzisiert Cannavò. In der Zwischenzeit wurden nur wenige der Dutzenden Jugendlichen, die das Heim im Jugendgericht gemeldet hatte und die in die Präfektur gebracht worden waren, versetzt. Auch Borderline, eine humanitäre Organisation, die sich für die Verteidigung von Flüchtlingsrechten einsetzt, hat versucht, das Heim in Giarre zu besuchen. „Jedoch war es trotz wiederholter Anfragen nicht möglich“, erklärt die Aktivistin Lucia Borghi, die sich allerdings Zutritt in das Heim in Mascali verschafft hat, wo im Oktober ein junger Nigerianer erstochen wurde.
„Die Besuche“, fährt sie fort, „wurden im Vorhinein geplant, die Verantwortliche Isabella Vitale hat uns auf Schritt und Tritt begleitet. Wir haben enorme Diskrepanzen festgestellt zwischen ihrer Darstellung und den schwerwiegenden Fakten aus der Berichterstattung sowie dem, was aus den Gesprächen mit den Jugendlichen hervorgegangen ist, und aus noch weiteren Quellen darüber hinaus.“ Die Diskrepanzen bettreffen „die Führung des Heims, die Kompetenzen der Mitarbeiter, die Erledigung der Verwaltungsprozeduren für die Dokumentenausstellung.“ 
Dazu auch (Italienisch): «Io picchiato a sangue da chi mi doveva proteggere». Minori stranieri, violenza e illegalità a Giarre e Mascali
Salvo Catalano

*ASP - Azienda Sanitaria Provinciale: Gesundheitsbehörde

Aus dem Italienischen von Alina Maggiore