Wieder 10 Tote und mindestens 30 Vermisste. Mit der leichten Verbesserung der meteorologischen Bedingungen auf See erreicht uns in den letzten Tagen die traurige aber voraussehbare x-te Nachricht des Todes von Migranten (GdS).
Die letzte Rettungsaktion fand am 4. März etwa 50 Meilen vor der libyschen Küste statt: in nur drei Tagen wurden etwa 1.000 Personen von Schlauchbooten und Holzbarken gerettet, die daraufhin in die Häfen von Augusta, Pozzallo und Porto Empedocle gebracht wurden, die letzten 94 Geretteten wurden vorübergehend nach Lampedusa gebracht. (ANSA).
An der Ostküste Siziliens gehen die Transfers in die norditalienischen Städte schneller vor sich, denn die ostsizilianischen Erstaufnahmezentren sind vollkommen überfüllt.
Aber nicht alle haben dieses „Glück“, denn die meisten der neuankommenden Flüchtlinge werden in den Zentren Umberto I in Syrakus, Pala Nebiolo in Messina und im Erstaufnahmezentrum von Pozzallo untergebracht, Einrichtungen, die schon lange über die Grenze ihrer Kapazität belegt sind. Dort werden die Migranten die folgenden Tage in unendlichen Warteschlangen stehen, um identifiziert und weiter verlegt zu werden. Darüber hinaus reagieren Politiker und Repräsentanten der betreffenden Institutionen mit sterilen und inzwischen bekannten Polemiken, was die Schwierigkeiten in der Bewältigung des Flüchtlingsproblems betrifft, weil Italiens Regierung von Europa diesbezüglich im Stich gelassen wird. Damit greifen sie die für Mai in der Agenda Europas vorgesehenen Diskussion über die Migration heute schon auf. Es gibt Stimmen, die drastische Massnahmen propagieren, was die Grenzkontrollen betrifft, z. B. die Blockierung der libyschen Seefahrt (Huffingtonpost); es gibt auch eine isolierte, aber hartnäckige Minderheit, die sich stark macht für eine radikale Neuorganisation der europäischen und italienischen Migrationspolitik und für die Notwendigkeit des Umdenkens im Sinne einer humanitären Verantwortung. Damit betonen sie, was viele nicht einsehen wollen: die anhaltenden Katastrophen auf See müssen jetzt verhindert werden. Auf was soll derjenige, der den Tod riskiert, warten?
Die Gesetzgebung, die die Immigration betrifft und die zu späten Seerettungen, die immer wieder zu humanitären Tragödien führen, entsprechen in keiner Weise den heutigen Anforderungen im Mittelmeerraum. Die Wartezeiten während der Aufnahmeverfahren sind unerträglich lang (und das immer noch mit der Begründung des Ausnahmezustandes). Die Dauer der bürokratischen und administrativen Abklärungen halten Flüchtlinge für Monate und Jahre ohne die Möglichkeit, selber etwas entscheiden und ihre Zukunft planen zu können, gefangen. All das geschieht wieder einmal unter dem Mantel der Verschwiegenheit, befördert auch durch die irreführende Berichterstattung der Presse, die nicht die zentralen Fragen aufgreift, sondern über den Schlagabtausch der verschiedenen Institutionen berichtet. Die, die nichts als ihren eignen Körper haben, um auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam zu machen, verschwinden dabei. Jene, die im direkten Kontakt mit den Migranten arbeiten, berichten über den zunehmend schlechteren Zustand der Überlebenden, die Italien erreichen (Corriere di Ragusa). Angekommen aus einer Situation in Libyen, von der nur gesehen wird was man sehen will oder die nur dazu dient, eine militärische Intervention zurechtfertigen.
Unsere Gleichgültigkeit war vielleicht gegenüber den Migranten möglich. Werden wir es auch gegenüber der immer zahlreicheren Leichen und geschundener Körper sein, die an unseren Küsten landen? Ein klares Nein.
Es bleibt nur die Hoffnung auf eine Zeit der Menschenrechte.
Lucia Borghi
Borderline Sicilia Onlus
Aus dem Italienischen von Susanne Privitera Tassé Tagne