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Montag, 4. August 2014

Zerstörte Leben, die in den Medien keine Beachtung finden

Es ist besser, einige Informationen zu verheimlichen. Es ist besser, dass die Leute die Wahrheit nicht kennt. Es ist besser, Propaganda zu betreiben.
Die Kommunikation ist eine gefährliche Waffe. Sie ist heute in den Händen derjenigen, die die Welt beherrschen, die über Leben und Tod und darüber entscheiden, ob ein Leben wichtig ist oder nicht!
Man beklagt die Invasion, den Notstand sowie die durch Krankheiten verursachten Epidemien, die angeblich  wegen der an unseren Küsten ankommenden Migranten wieder auftauchen.
Aber niemand spricht nur einmal über die wahren Ursachen: über den westlichen Neokolonialismus, über den Landraub seitens der multinationalen Unternehmen, über die für unsere Wirtschaft notwendige Schwarzarbeit.
Das was einen am meisten verärgert ist, dass das Leben absolut keinen Wert zu haben scheint angesichts des gnadenlosen Business der Immigration. Keine Zeitung, kein Politiker, kein Fernsehkanal beschäftigt sich mit den Opfern dieses Systems.

In der letzten Woche ist einem weiteren Staatsmord mit der absoluten Gleichgültigkeit begegnet worden: Der in Palermo angekommenen Gruppe sollen über die 5 für sofort tot erklärten Menschenleben hinaus mehr als 50 Opfer - teils vermisst, teils aufgefundene Körper – angehört haben. Die Menschen sind gestorben, als ihr Boot bei der Umladung auf das italienische Rettungsboot kenterte.
Ohne großes Aufsehen ist diese dramatische Nachricht für einige Stunden in einem Zweizeiler erschienen. Ganz zu schweigen von den 5 Leichen, die ohne jeglichen Respekt im Friedhof eingerollte in einer Plastiktüte auf 4 Spanplatten "geparkt" wurden, um begraben zu werden!
Für  circa 65 Überlebende (nur eine Frau befand sich unter den Überlebenden) hat sodann eine andere Odyssee begonnen, deren Last zu schwer ist, um diese das gesamte Leben mit sich zu tragen.  Die psychophysischen Konditionen der jungen Migranten sind entsetzlich: Sie wiesen an ihren Körpern  Verstümmelungen und Spuren von Folter und Gewalt aus, hatten apathische Blicke, ohne Lust, weiterkämpfen zu wollen.

Ein anderes Schicksal hat ca. 120 letzten Samstag in Palermo angekommene Migranten (unter ihnen Familien mit Kindern) getroffen, die in einem extrem leidvollen Zustand  in einer von der Caritas zur Verfügung gestellten Kirchengemeinde in Palermo aufgenommen worden sind.

Inzwischen protestieren weiterhin andere Migranten, die in den Einrichtungen der Kooperative Sol.Co. in der Provinz von Palermo untergebracht sind, sowohl wegen der zu langen bürokratischen Asylverfahren, als auch wegen der mangelnden Sorgfalt des Personals bei der Personenbetreuung (hygienische Kits, Kleidung, etc.) und des Essens, das von den Personen, die wir getroffen haben als unangemessen und "ungenießbar" erachtet wurde. Der Zufall will es, dass Sol.Co. ebenfalls die Kooperative ist, die die neue Übergangseinrichtung für Minderjährige in  Castelbuono betreibt (immer aufgrund der direkten Vergabe durch die Präfektur).

Etwas anderes gilt für die in in den letzten Wochen angekommenen Tunisier, die nach einem Zwangsaufenthalt in den CIE von Trapani und Caltanissetta (Centro di Identificazione ed Espulsione - Abschiebungshaft) wieder nach Hause geschickt worden sind. Sie sind auf kleinen Booten von 8 - 12 Personen an den Küsten von Marsala angekommen, indem sie die Kontrollen von Mare Nostrum umgangen haben. Nachdem sie von der Polizei aufgegriffen werden, werden sie für den Zweck der Identifizierung, die mit Hilfe des tunesischen Konsulats erfolgt sowie zur Vorbereitung von Charterflügen vom Flughafen Palermo (in der Regel 1 oder 2 im Monat) für den dafür benötigten Zeitraum eingesperrt.
Leider gibt Europa weiterhin Millionen von Euro für Überwachungssysteme aus, um Umzäunungen und Mauern zu bauen, um die Grenzen zu überwachen  (allein Mare Nostrum kostet ca. 9 Millionen Euro monatlich), anstatt in die Integration und die Schaffung eines Aufnahmesystems, das seinen Namen gerecht wird, zu investieren.

Das aktuelle System gestaltet die voller Hoffnung getätigten Reisen immer gefährlicher und fordert ein sehr hohes Opfer an unermesslichen und nicht quantifizierbaren Menschenleben. Eine Odyssee, die für viele einen Anfang hat, aber kein Ende. Das sind die Opfer von rassistischen italienischen und europäischen Gesetzen. ZERSTÖRTE LEBEN!

Die Redaktion von Borderline Sicilia Onlus


Aus dem Italienischen von Thanh Lan Nguyen-Gatti